ArchivDeutsches Ärzteblatt36/2008KinderUni Medizin: „Muss man die Zunge abschneiden, wenn sie am Eis festklebt?“

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KinderUni Medizin: „Muss man die Zunge abschneiden, wenn sie am Eis festklebt?“

Griebenow, Berit

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Medizin zum Anfassen: Die Fragen der kleinen Studierenden überraschen Priv.-Doz. Dr. med. Alexandra Claus immer wieder. Foto: Manfred Rinderspacher
Medizin zum Anfassen: Die Fragen der kleinen Studierenden überraschen Priv.-Doz. Dr. med. Alexandra Claus immer wieder. Foto: Manfred Rinderspacher
Fragen über Fragen und Medizin zum Anfassen: Die Kinderuni Medizin am Mannheimer Uniklinikum schafft es, Naturwissenschaft und Spaß zu verbinden.

Autoren medizinischer Lexika sei ein Besuch der Kinderuni Medizin der Mannheimer Uniklinik sehr empfohlen, denn auch dieses Jahr wurde deutlich, dass es einiger Änderungen in den einschlägigen Werken bedarf. Unter „Blutdruck“ stünde dann beispielsweise: „den hat meine Oma“, und EKG ist einfach, „wenn man viele Stöpsel auf dem Bauch hat“. Bereits eine halbe Stunde vor Vorlesungsbeginn wuseln etliche Kinder zwischen acht und zwölf Jahren durch den Hörsaal auf der Suche nach dem besten Platz neben dem besten Freund. Begrüßt wird jedes Kind persönlich von Dr. Oliver Jandewerth – für die Kinder einfach „Dr. Olli“. Jandewerth ist Anästhesist und übernimmt bei dieser Veranstaltung die Rolle des Moderators und ärztlichen Koordinators. Ziel der Kinderuni ist es, den kleinen Studenten ein Gefühl für ihren eigenen Körper zu vermitteln und zu zeigen, was er braucht, wie er funktioniert und wie man ihn schützen sollte. Außerdem wollen die Macher der Kinderuni den kleinen Studenten helfen, besser mit den Krankheiten der Eltern, Großeltern oder der Geschwister umgehen zu können.

Seit dem Start der Kinderuni in Mannheim vor drei Jahren ist der Andrang ungebrochen groß. Deshalb gab es dieses Jahr ein Novum: Alle Vorlesungen wurden zweimal angeboten, sodass ungefähr 1 200 Kinder teilnehmen konnten. Die Vorlesungen tragen spannende Titel: Priv.-Doz. Dr. Alexandra Claus fragt sich beispielsweise, „Warum Ritter Rüstungen trugen“. Anhand des Bilds eines Ritters erklärt sie, wie wichtig es ist, den eigenen Körper zu schützen, heutzutage vor allem beim Sport, denn wie die Kinder ganz richtig feststellen: „Ritter gibt es nicht mehr.“ Als Überraschung hat sie einen ehemaligen Profieishockeyspieler eingeladen, der sich in seiner ganzen Montur präsentiert. Prof. Dr. Grietje Beck versucht mit ihrer Vorlesung „Schreckgespenst Krankenhaus?“, den Kindern die Angst vor einem Klinikaufenthalt zu nehmen. Mithilfe eines selbst gedrehten Films führt sie durch die Klinik und erklärt, was ein „Schockraum“ ist und was „stationäre Behandlung“ bedeutet. Die Kinder sind aufmerksam dabei, und bei jeder Frage schnellen etliche Finger in die Höhe. „Das ist pure Neugier, Unbefangenheit, da ist keine Scheu, auch mal eine merkwürdige, ausgefallene Frage zu stellen“, schwärmt Jandewerth.

Die Kinder kommen auch mit Sorgen und Ängsten
Doch nach drei Jahren Kinderuni weiß das Team um Jandewerth, dass die Kinder neben aller Neugier auch mit Sorgen und Ängsten kommen. Sie berichten von erlebten Sportunfällen und fragen: „Was hätte da noch alles passieren können?“ Den Preis für die schönste Frage vergibt Claus an das Mädchen, das wissen will, ob man die Zunge abschneiden muss, wenn sie am Eis festklebt. Auf einen solchen Gedanken sei sie selbst nie gekommen, und es überrasche sie, was Kindern alles in den Sinn komme.

Mit der Organisation der Kinder-uni beginnt das Team der Uniklinik Mannheim bereits im Herbst des Vorjahres. Jandewerth kümmert sich um die Referenten und die Themen. In den drei Jahren habe er noch keine einzige Absage bekommen, vielmehr musste er schon Referenten ablehnen, da die Tagesordnung der Kinderuni bereits prall gefüllt war.

Die Kinderuni ist ein Geben und Nehmen: Während die Kleinen ihren Wissensdurst stillen, nehmen die Dozenten viel für ihren alltäglichen Umgang mit kleinen Patienten mit und lernen ihr Fach noch einmal aus einem ganz anderen Blickwinkel kennen. Apropos, wer hat eigentlich das Krankenhaus erfunden?
Berit Griebenow

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