BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Kassenärztliche Bundesvereinigung
Bekanntmachungen: Beschluss des Gemeinsamen Bundesausschusses über eine Änderung der Arzneimittel-Richtlinie/AMR: Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten vom 15. Mai 2008


I. Nach Abschnitt H wird folgender Abschnitt I eingefügt:
I. Verordnungsfähigkeit von Medizinprodukten
30. Umfang des Anspruchs
30.1 Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die als Medizinprodukte nach § 3 Nr. 1 oder 2 des Medizinproduktegesetzes (MPG) zur Anwendung am oder im menschlichen Körper bestimmt sind, sind von der Versorgung nach § 27 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 in Verbindung mit § 31 Abs. 1 SGB V ausgeschlossen. Dies gilt nicht für solche Medizinprodukte nach Nr. 31, die nach den Bestimmungen dieser Richtlinie in medizinisch notwendigen Fällen ausnahmsweise in die Arzneimittelversorgung nach § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V1) einbezogen sind.
30.2 Ein Medizinprodukt, welches im Hinblick auf seine therapeutische Zweckbestimmung derjenigen eines Arzneimittels entspricht, das nach den Vorschriften der Arzneimittel-Richtlinie nicht zulasten der GKV verordnet werden kann, ist ebenfalls nicht verordnungsfähig.
30.3 Medizinprodukte sind nach § 34 Abs. 1 Satz 7 und 8 SGB V von der Versorgung ausgeschlossen, wenn bei ihrer Anwendung eine Erhöhung der Lebensqualität im Vordergrund steht. Ausgeschlossen sind insbesondere Medizinprodukte, die überwiegend zur Behandlung der erektilen Dysfunktion, der Anreizung sowie Steigerung der sexuellen Potenz, zur Raucherentwöhnung, zur Abmagerung oder zur Zügelung des Appetits, zur Regulierung des Körpergewichts oder zur Verbesserung des Haarwuchses dienen.
30.4 Für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind Medizinprodukte von der Versorgung in folgenden Anwendungsgebieten entsprechend der Regelungen nach § 34 Abs. 1 Satz 6 SGB V der Arzneimittelversorgung ausgeschlossen:
a) Medizinprodukte zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel
b) Mund- und Rachentherapeutika, ausgenommen bei Pilzinfektionen sowie ausgenommen synthetischer Speichel zur Behandlung krankheitsbedingter Mundtrockenheit bei onkologischen oder Autoimmunerkrankungen
c) Abführmittel, ausgenommen bei der Behandlung von Erkrankungen im Zusammenhang mit Tumorleiden, Megakolon, Divertikulose, Divertikulitis, Mukoviszidose, neurogener Darmlähmung, vor diagnostischen Eingriffen, bei phosphatbindender Medikation bei chronischer Niereninsuffizienz, Opiat- sowie Opioidtherapie und in der Terminalphase
d) Medizinprodukte gegen Reisekrankheit.
30.5 Der Versorgungsanspruch für Verbandmittel ist abschließend in § 31 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt und daher nicht Gegenstand dieser Richtlinie.
30.6 Soweit die Anwendung eines Medizinproduktes im Sinne der Nr. 30.1 eine ärztliche Untersuchungs- oder Behandlungsmethode darstellt oder integraler Bestandteil einer solchen ist, bedarf es einer Bewertung nach § 135 Abs. 1 SGB V.
30.7 Die Verpflichtung des Vertragsarztes zur wirtschaftlichen Verordnungsweise bleibt von diesen Regelungen unberührt.
30.8 Die nach dieser Richtlinie verordnungsfähigen Medizinprodukte sind abschließend in einer Übersicht als Anlage 12 dieser Richtlinie aufgeführt.
Für die Prüfung auf Aufnahme eines Medizinproduktes in diese Anlage 12 ist – auch bei ausschließlicher Anwendung für versicherte Kinder bis zum vollendeten zwölften Lebensjahr und versicherte Jugendliche bis zum vollendeten 18. Lebensjahr mit Entwicklungsstörungen – ein Antrag nach § 34 Abs. 6 SGB V erforderlich.
31. Medizinprodukte
31.1 Medizinprodukte nach dieser Richtlinie sind Stoffe und Zubereitungen aus Stoffen, die vom Hersteller zur Anwendung für Menschen mittels ihrer Funktion zum Zwecke
a) der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Krankheiten
b) der Erkennung, Überwachung, Behandlung oder Linderung von Verletzungen
c) der Untersuchung, der Ersetzung oder der Veränderung des anatomischen Aufbaus oder eines physiologischen Vorgangs
zu dienen bestimmt sind und deren bestimmungsgemäße Hauptwirkung im oder am menschlichen Körper weder durch pharmakologisch oder immunologisch wirkende Mittel noch durch Metabolismus erreicht wird, deren Wirkungsweise aber durch solche Mittel unterstützt werden kann.
31.2 Medizinprodukte nach dieser Richtlinie sind auch Produkte nach Nr. 31.1, die einen Stoff oder eine Zubereitung aus Stoffen enthalten oder auf die solche aufgetragen sind, die bei gesonderter Verwendung als Arzneimittel im Sinne des § 2 Abs. 1 des Arzneimittelgesetzes (AMG) angesehen werden können und die in Ergänzung zu den Funktionen des Produktes eine Wirkung auf den menschlichen Körper entfalten können.
32. Medizinisch notwendige Fälle
Ein Medizinprodukt ist medizinisch notwendig im Sinne des § 31 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB V1), wenn
a) es entsprechend seiner Zweckbestimmung nach Art und Ausmaß der Zweckerzielung zur Krankenbehandlung im Sinne des § 27 Abs. 1 S. 1 SGB V und Nr. 31 geeignet ist
b) eine diagnostische oder therapeutische Interventionsbedürftigkeit besteht
c) der diagnostische oder therapeutische Nutzen dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspricht und
d) eine andere, zweckmäßigere Behandlungsmöglichkeit nicht verfügbar ist.
II. Der Arzneimittel-Richtlinie wird zum Zwecke der Konkretisierung von Abschnitt I eine Anlage 12 „Übersicht der verordnungsfähigen Medizinprodukte“ angefügt. Diese enthält Angaben zur Produktbezeichnung, zu den medizinisch notwendigen Fällen und gegebenenfalls zur Befristung der Verordnungsfähigkeit.
III. Die bisherigen Abschnitte I bis O werden die Abschnitte J bis P und die bisherigen Nummern 30 bis 45 werden die Nummern 33 bis 48.
IV. Die Änderungen treten mit Wirkung vom 1. Juli 2008 in Kraft.
Die tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf der Homepage des Gemeinsamen Bundesausschusses unter www.g-ba.de veröffentlicht.
Siegburg, den 15. Mai 2008
Gemeinsamer Bundesausschuss
Der Vorsitzende
Hess
1) in der Fassung von Artikel 5 Nr. 3 des Gesetzes zur Änderung medizinprodukterechtlicher und anderer Vorschriften vom 14. Juni 2007 (BGBl I S. 1066, 1094)
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