

Mir kam beim Lesen des Buchs eine Erinnerung aus dem Ende der 50er-Jahre. Ich hatte als Oberprimaner „Hobby – Das Magazin der Technik“ abonniert, und in einem Artikel wurde das Mobilitätsszenario der Jahrhundertwende beschrieben: Quasi jeder Europäer hatte in seinem Hausflur ein hubschrauberähnliches, rucksackgroßes Gerät stehen, das er sich zur Fortbewegung auf den Rücken schnallte und das ihn durch die Lüfte zum jeweiligen Zielort brachte.
Im Alltag sind wir es gewohnt, dass uns die medizinischen Errungenschaften in den Medien mit einem Ausrufungszeichen serviert werden. Dies ist groß genug, um das Unbehagen über das Unbekannte im Keim zu ersticken. Unbehagen könnte aufkommen beim Nachdenken über die Tragweite der möglichen Eingriffe. Ob da im Taumel des propagierten Erfolgs oder gar „Durchbruchs“ nicht doch etwas (bewusst oder unbewusst) übersehen wurde? Etwas Entscheidendes, das letztendlich die versprochenen Heilungsszenarien Utopie werden lässt – wie beim Rucksackhubschrauber der 50er-Jahre. Und das erst erkannt wird, wenn schon ein (zu) hoher Preis gezahlt ist.
Das Buch dokumentiert mit vorbildlichen Referenzen zur medizinischen Fachliteratur wie zur ethischen und zur alltäglichen Literatur die Gedanken und Erkenntnisse des Verfassers. Leider fehlt ein alphabetischer Index. Das Werk befähigt zum ausgewogenen eigenen Urteil – was im alltäglichen Rush der Biomedizin nur allzu oft vergessen wird. Edlef Bucka-Lassen
Linus Geisler: Zwischen Tun und Lassen. Ein Panorama bioethischer Streitfragen – Essays. Mabuse-Verlag, Frankfurt am Main, 2008, 253 Seiten, kartoniert, 24,90 Euro
Kommentare
Die Kommentarfunktion steht zur Zeit nicht zur Verfügung.