BERUF
Behandlung von Menschen mit Behinderung: Eine besondere Herausforderung für Ärztinnen und Ärzte


Die medizinische Versorgung von Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung bereitet auch in einem so hoch entwickelten Gesundheitssystem wie dem der Bundesrepublik Deutschland immer wieder Probleme. Dies bezieht sich weniger auf die Behandlung eines einfachen Erkältungsinfekts oder einer anderen Allgemeinerkrankung. Die Behandlungssituation stellt sich in der Regel vor allem dann sehr komplex dar, wenn mit dem Erwachsenwerden die Zuständigkeit von Kinder- und Jugendärzten oder der sozialpädiatrischen Zentren endet. So fallen zum Beispiel Menschen mit einer Zerebralparese als Erwachsene in ein „großes schwarzes Loch“. Das war die einmütige Feststellung von Experten aus mehreren Ländern bei der europäischen Tagung „Zerebralparesen im Erwachsenenalter“ am 21. und 22. September 2007 in Potsdam. Aber auch andere Menschen mit Behinderungen sind davon betroffen, dass Ärzte den „richtigen“ Umgang mit ihnen oft nicht gelernt haben.
Geistige Behinderung ist keine Krankheit, aber überdurchschnittlich häufig mit zusätzlichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen, einer sehr hohen Prävalenz von psychischen Krankheiten, Mehrfachbehinderungen und spezifischen Erkrankungsrisiken beispielsweise bei speziellen Syndromen verbunden. Diese medizinischen Besonderheiten sind bei vielen Ärzten nur zum Teil bekannt. Hauptgrund dafür ist, dass diese Besonderheiten nur in einzelnen Fachrichtungen Bestandteil der Weiterbildung sind. In der allgemeinmedizinischen oder internistischen Weiterbildung wird die Behandlung von Menschen mit Behinderungen beispielsweise nicht thematisiert.
Ein weiteres Problem ist die besondere Ausdrucks- und Kommunikationsweise von Menschen mit geistiger Behinderung. Daneben stellen sich bei ihnen aber auch körperliche und seelische Erkrankungen in einer speziellen Weise dar, die leicht fehlinterpretiert werden kann. Viele geistig behinderte Patienten sind nur eingeschränkt kooperationsfähig, zeigen Abwehrreaktionen aufgrund von Angst oder früheren traumatisierenden Erfahrungen oder wegen eines Nichtverstehens dessen, was gerade mit ihnen passieren soll.
Geduldiges und behutsames Eingehen auf die Patienten und Einbeziehung der Umgebung – nicht nur im betreuungsrechtlichen Sinn – können die Untersuchung oft doch möglich machen. Kompliziertere, angstbesetzte Untersuchungen sind jedoch zuweilen nur in Sedierung oder sogar Vollnarkose möglich. Die Koordinierung eines diagnostischen oder therapeutischen Prozesses kann zu einer echten Herausforderung werden, bei der selbstverständlich immer der Betroffene im Mittelpunkt stehen muss. Alle diese Probleme sind in der universitären und Facharztweiterbildung nur unzureichend berücksichtigt. Spezielle Fortbildungsangebote für Ärzte gibt es viel zu wenige.
Vor diesem Hintergrund hat die Bundesarbeitsgemeinschaft „Ärzte für Menschen mit geistiger oder mehrfacher Behinderung e.V.“ einen Fortbildungskurs für Ärzte erarbeitet und organisiert. Der theoretische Teil des Kurses umfasst 50 Fortbildungseinheiten (entspricht 40 Zeitstunden) und ist auf drei Wochenenden aufgeteilt. Außerdem ist ein Hospitationsteil im Umfang von 40 Stunden zu absolvieren. Für den theoretischen Teil sind 50 Fortbildungspunkte beantragt. Der Premierenkurs wird in Gadheim bei Würzburg/Veitshöchheim abgehalten und gliedert sich in drei Abschnitte: Kurs A findet vom 7. bis 9. November 2008, Kurs B am 13./14. März 2009 und Kurs C am 25./26. September 2009 statt.
Die Gesamtkosten für den Kurs (Kursgebühr plus Übernachtungs- und Verpflegungspauschale) betragen 900 Euro. Anfragen beantwortet Stefan Hetzel, Johann-Wilhelm-Klein-Akademie, Ohmstraße 7, Haus 7, 97076 Würzburg, Telefon: 09 31/20 92-23 94, Fax: 09 31/ 20 92-23 90, E-Mail: Info@jwk-akademie.de. Weitere Informationen zum Kurs können im Internet abgerufen werden unter www.jwk-aka demie.de. Informationen über die Bundesarbeitsgemeinschaft mit Telefonnummern und E-Mail-Adressen sind im Internet unter www. aemgb.de zu finden.
Hermann Jungnickel
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