POLITIK
Delegation ärztlicher Leistungen: Notwendige Präzisierungen
DÄ plus


Blutabnahmen
können an entsprechend
qualifizierte
nicht ärztliche
Mitarbeiter
delegiert werden.
Foto: dpa
Nein, für die Zukunft in Stein gemeißelt seien die aktuellen Festlegungen von Bundesärztekammer (BÄK) und Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV) zu den Möglichkeiten und Grenzen der Delegation ärztlicher Leistungen nicht. Die in dieser Ausgabe des Deutschen Ärzteblattes abgedruckte Bekanntmachung hat für Dr. med. Theodor Windhorst, den Präsidenten der Ärztekammer Westfalen-Lippe, einen ähnlichen Charakter wie die (Muster-)Weiterbildungsordnung, die regelmäßig wieder auf der Agenda stehe. „Es ist nicht auszuschließen, dass sich die Versorgungslandschaft künftig einmal in einer Weise verändert, dass man zu anderen Regelungen bei der Delegation kommen muss“, führte Windhorst aus, um jedoch gleichzeitig angesichts der gegenwärtigen Diskussion über den Ärztemangel in vielen Regionen Deutschlands einzuschränken: „Wir dürfen nicht nach der Devise ,Not macht erfinderisch‘ Entscheidungen treffen, die uns in fünf Jahren wehtun.“
Die Bekanntmachung zum Thema „persönliche Leistungserbringung“ liefert notwendige Präzisierungen zum Votum des diesjährigen 111. Deutschen Ärztetages in Ulm. Delegation ja, Substitution nein, lautete im Mai die eindeutige Meinungsäußerung der Delegierten. Als „höchstpersönliche Leistungen des Arztes“, die wegen einer möglichen Schädigung des Patienten nicht delegierbar sind, sind in der gemeinsamen Stellungnahme von BÄK und KBV insbesondere aufgelistet:
- Anamnese
- Indikationsstellung
- Untersuchung des Patienten einschließlich invasiver diagnostischer Leistungen
- Stellen der Diagnose
- Aufklärung und Beratung des Patienten
- Entscheidung über die Therapie und
- Durchführung invasiver Therapien einschließlich der Kernleistungen operativer Eingriffe.
Die beiden Spitzenorganisationen der verfassten Ärzteschaft bringen aber auch zum Ausdruck, dass ärztliche Leistungen in Teilen an nicht ärztliche Mitarbeiter delegiert, das heiß unter ärztlicher Verantwortung durchgeführt werden können. „Wir sagen ganz deutlich, wir wollen die Delegation, und dann tragen wir notfalls auch die Verantwortung vor Gericht, wenn ein Fehler passiert“, betonte BÄK-Vorstandsmitglied Windhorst gegenüber dem Deutschen Ärzteblatt. Es gehe den Ärzten dabei nicht um Besitzstandswahrung oder um die Beschränkung einer anderen Berufsgruppe.
Die Entscheidung darüber, ob und inwieweit eine ärztliche Leistung delegierbar ist, hängt von der Qualifikation des jeweiligen Mitarbeiters ab, heißt es in der Stellungnahme. Soll die Leistung von jemandem erbracht werden, der über eine dazu befähigende Ausbildung in einem Gesundheitsfachberuf verfügt, reicht es in der Regel, diese formale Qualifikation festzustellen und sich zu Beginn, später dann mit Stichproben von der entsprechenden Qualität der Leistung zu überzeugen. Bei fehlender fachlicher Qualifikation ist der delegierende Arzt sehr viel stärker zur Anleitung und Überwachung der Tätigkeit verpflichtet.
Grundsätzlich ist der delegierende Arzt verpflichtet, sich in unmittelbarer Nähe (Rufweite) aufzuhalten. Bei vorübergehender Abwesenheit können jedoch Leistungen durchgeführt werden, die der Arzt einzelfallbezogen bereits angeordnet hat, wenn dies medizinischen Erfordernissen genügt. Dies betrifft insbesondere Leistungen in der häuslichen Umgebung des Patienten durch nicht ärztliche Mitarbeiter, die nunmehr nach dem GKV-Pflegeweiterentwicklungsgesetz delegierbar sind.
Die Bekanntmachung präzisiert hinsichtlich mehrerer Einzelfragen den gemeinsamen Standpunkt von BÄK und KBV zum Arztvorbehalt. So wird festgestellt, dass bei einer Operation eine eigenverantwortliche Übernahme operativer Teilschritte durch nicht ärztliche Mitarbeiter nicht möglich sei. Gegebenenfalls könne lediglich die zweite oder dritte OP-Assistenz an speziell ausgebildete nicht ärztliche Mitarbeiter delegiert werden. Auch die Aufklärung des Patienten über diagnostische oder therapeutische Eingriffe und deren Risiken stelle eine originär ärztliche Leistung dar, die nicht delegierbar sei. Nach dem Aushändigen schriftlicher Informationen müsse sich der Arzt im Aufklärungsgespräch persönlich davon überzeugen, dass der Patient den Text gelesen und verstanden habe.
Thomas Gerst
Die Bekanntmachung im Internet:
www.aerzteblatt.de/plus4108
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