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Randnotiz: Ein Name wird rehabilitiert


Die Gute hat ein künstliches Kniegelenk eingesetzt bekommen. Jetzt übt sie täglich, um wieder auf die Beine zu kommen. „Es geht schon ganz gut“, sagt sie. „Hier geben sich alle sehr viel Mühe. Und dann die netten Gespräche mit den Ärzten und Therapeuten! Weißt du, endlich ist mein schrecklicher Vorname mal zu etwas gut.“
„Wieso denn?“, fragt man perplex. Die Mama heißt Stanislawa, und zwar ungern. Damals, als Kind in den 50er-Jahren, brandmarkte der Name sie überall als Flüchtling aus dem Osten. Als erwachsene Frau bekam sie jahrelang Post an „Herrn Stanislawa“. Wir Kinder fanden diese Briefe lustig, ihren Namen wunderbar exotisch – die Kränkungen konnten wir nicht ermessen.
Und nun ist der ungeliebte Vorname auf einmal in Ordnung? Offenbar schon, so wie die Mama erzählt: „,Stanislawa heißen Sie?‘, fragt mich dieser junge Arzt, der aus Kroatien stammt. ,Na, da kommen Sie doch sicher auch aus dem Osten. Woher denn?‘ Seine Kollegin sagt: ,Stanislawa? Wissen Sie, mein Vater stammt aus Pommern . . .‘ Und mit der jungen Krankengymnastin, die in Thüringen keine Arbeit gefunden hat und nun hier im Taunus lebt, hatte ich auch ein sehr nettes Gespräch. Du, jetzt muss ich aber zur Therapie, tschüs.“
Aufgelegt. Schön, dass eine Reha fürs Bein nebenbei Seelentrost sein kann. Und wie war das: Viele Ärztinnen und Ärzte, die nach Deutschland zuwandern, stammen aus Osteuropa? Aus Sicht meiner Mama können sie ruhig kommen.