ArchivDeutsches Ärzteblatt PP10/2008„Nobody’s Perfect“. Von der Schönheit des Unvollkommenen

KULTUR

„Nobody’s Perfect“. Von der Schönheit des Unvollkommenen

Osterloh, Falk

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LNSLNS Der Film zeigt zwölf contergangeschädigte Menschen, die nackt für einen Bildband posieren.

Niko von Glasow ist 48 Jahre alt, hat eine Frau und zwei Kinder. Er ist Regisseur und Produzent mehrerer preisgekrönter Filme. Und er hat Angst, in ein Schwimmbad zu gehen. Denn Niko von Glasow ist contergangeschädigt. Er schämt sich, seinen nackten Körper vor anderen Menschen zu zeigen. Über diese Angst hat er nun einen Film gedreht. Für „NoBody’s Perfect“ hat von Glasow elf contergangeschädigte Frauen und Männer gefunden, die sich wie er vor der Kamera ausziehen wollen. Die Gespräche, die er mit ihnen führte, sind ebenso intime wie erschütternde Zeugnisse eines der größten medizinischen Skandale der Nachkriegszeit. So erzählt Theo, wie er auf dem Schulhof immer wieder andere Kinder verprügelt hat. Die Mutter von Kim hat ihren Glauben an Gott verloren, als der Pfarrer Kim nicht in die Kirche aufnehmen wollte.

„NoBody‘s Perfect“ zeigt, wovor die Gesellschaft gern den Blick abwendet. Er zeigt die Behinderung von Menschen in Großaufnahme, ihre körperliche Unvollkommenheit. Und er zeigt die Charaktere dieser Menschen in Großaufnahme, ihre Ängste, ihre Wut und vor allem ihren Mut. In einer an optischen Reizen ausgerichteten Welt gelingt es von Glasow auf diese Weise, die visuelle Grenze einzureißen, mit der die Gesellschaft Behinderte häufig ausgrenzt. Durch seine unverkrampfte Art nimmt der Regisseur dabei nicht nur den zwölf Protagonisten, sondern auch dem Zuschauer jegliche Berührungsangst.

Zu dem Film ist auch ein Bildband erschienen: Ulrich Kühne (Hrsg.), NoBody’s Perfect, 72 Seiten, 19,95 Euro.

Falk Osterloh

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