ArchivDeutsches Ärzteblatt43/2008Medizinische Rehabilitation: Kosten steigen, Vergütung stagniert

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Medizinische Rehabilitation: Kosten steigen, Vergütung stagniert

Hibbeler, Birgit

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Rehabilitation wird immer aufwendiger: Das Durchschnittsalter der Patienten steigt. Wegen der DRGs werden sie schneller aus dem Krankenhaus entlassen als früher. Foto: Picture-Alliance/Keystone
Rehabilitation wird immer aufwendiger: Das Durchschnittsalter der Patienten steigt. Wegen der DRGs werden sie schneller aus dem Krankenhaus entlassen als früher. Foto: Picture-Alliance/Keystone
Die Rehakliniken stehen finanziell unter Druck. In einer Resolution fordern die Rehaspitzenverbände deshalb: Die Vergütung von Rehabilitationsleistungen zulasten der Krankenkassen muss von der Grundlohnsummenentwicklung abgekoppelt werden.


Ob nun steigende Personalkosten, höhere Mehrwertsteuer oder explodierende Energiepreise: Auch Kliniken, die ihr Geld sparsam einsetzen, haben mit Ausgaben zu kämpfen, die sie nicht beeinflussen können. Dass die Krankenhäuser zusätzliche Finanzmittel brauchen, hat mittlerweile auch die Politik erkannt. Der Entwurf für das Krankenhausfinanzierungsrahmengesetz sieht eine Finanzspritze in Milliardenhöhe vor. Außerdem sollen die Ausgaben der Krankenkassen für den stationären Akutbereich nicht länger an die Entwicklung der Grundlohnsumme gekoppelt sein, wie dies im Sozialgesetzbuch (SGB) bislang vorgesehen ist. Stattdessen soll das Statistische Bundesamt einen Orientierungswert ermitteln, der die tatsächliche Kostensteigerungen besser abbildet als die bisherigen Veränderungsraten.

Die Mehrausgaben, von denen die Krankenhäuser betroffen sind, wirken sich aber auch auf die Rehakliniken aus. Die Spitzenverbände der Leistungserbringer in der medizinischen Rehabilitation fordern deshalb in einer Resolution gleiches Recht für alle. „Die Preisbildung für Rehabilitationsleistungen muss von der Grundlohnrate abgekoppelt und die Anwendbarkeit des für die Krankenhäuser geplanten ,Klinikkostenindexes‘ ermöglicht werden. Anderenfalls ist eine spürbare Verschlechterung der Versorgung vor allem chronisch kranker älterer Menschen nicht mehr zu verhindern“, heißt es in der Erklärung.

Ob die Kopplung an die Grundlohnsumme für die Rehabilitationseinrichtungen überhaupt gilt, ist allerdings umstritten. Mit dem Pflege-Weiterentwicklungsgesetz wurde die Budgetierung für Vorsorge- und Rehaleistungen zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) gestrichen. Davon gingen zumindest die Rehaanbieter aus. Zum 1. Juli entfiel § 23 Absatz 8 SGB V und damit der Verweis darauf, dass die Veränderungsrate (§ 71 SGB V) für die Preisbildung bei der Rehabilitation relevant ist. Das hat den Kliniken in den Pflegesatzverhandlungen aber offenbar nichts genützt. „Die Krankenkassen berufen sich nach wie vor auf die Grundlohnsumme. Wir brauchen deshalb dringend eine rechtliche Klarstellung“, fordert Dr. Wolfgang Heine, Geschäftsführer der Deutsche Gesellschaft für Medizinische Rehabilitation (DEGEMED).

Die DEGEMED ist einer von zwölf Verbänden, die die Resolution unterzeichnet haben und die rund 90 Prozent der Rehakliniken in Deutschland repräsentieren. In der Erklärung weisen die Interessenvertreter auf die schwierige Lage der medizinischen Rehabilitation hin. Seit Einführung der Diagnosis Related Groups (DRGs) im Aktusektor würden die Patienten immer früher aus dem Krankenhaus entlassen. In der Vergütung der Reha spiegele sich der zusätzliche Aufwand aber nicht wider. Die Rehakliniken beklagen vielmehr ein Preisdiktat der Kassen: Akzeptierten sie die Vergütung nicht, würden sie nicht mehr belegt und ihnen drohe Leerstand und Insolvenz, so die Kritik.

Mit Einführung des Gesundheitsfonds wird sich die Lage der Rehabilitation noch verschlechtern, glauben die Rehaverbände. Denn Kassen, die mit dem einheitlichen Beitragssatz nicht auskommen, müssen einen Zusatzbeitrag erheben. „Die Krankenkassen werden so viel sparen, wie es irgend geht. Und wenn gespart wird, trifft es erfahrungsgemäß zuerst die Reha“, sagt DEGEMED-Geschäftsführer Heine.

Eigentlich war es ein erklärtes Ziel der Großen Koalition, die Rehabilitation zu stärken. Mit dem GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz wurden alle Rehabilitationsleistungen zu Pflichtleistungen der Krankenkassen. Aus Sicht der Rehaeinrichtungen hat sich durch die Neuerung aber bislang kaum etwas geändert. „Fakt ist, dass gerade chronisch kranke ältere Menschen vielfach keine Rehabilitation bekommen oder nur im Anschluss an einen Krankenhausaufenthalt. Der Grundsatz Reha vor Pflege wird nach wie vor nicht in die Praxis umgesetzt“, kritisiert Heine.
Dr. med. Birgit Hibbeler

Die Resolution der Rehaverbände im Internet:
www.aerzteblatt.de/plus4308

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