ArchivDeutsches Ärzteblatt43/2008Börsebius: Hinter dem Regen lauert die Traufe

GELDANLAGE

Börsebius: Hinter dem Regen lauert die Traufe

Rombach, Reinhold

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LNSLNS Eben sitze ich im völlig überfüllten Intercity von Hamburg nach Köln, da unterhalten sich neben mir zwei aufgeregte Börsianer (oder waren es doch bloß ein paar ahnungslose Kleinanleger?) über Gott, den Teufel und die Welt, was ja mit den Finanzmärkten derzeit unmittelbar korreliert. Ja, das diabolische Subprimezeugs aus Amerika, diese versifften um den Globus gejagten Darlehenspakete hätten den Banken das Genick gebrochen, und wenn, Gott sei uns gnädig, wir die Merkel nicht gehabt hätten, säßen wir schon längst in der Anlegerhölle. Bloß keinen müden Euro mehr in Aktien stecken, schnaubte der eine, und der andere nickte heftig.

Doch welch frohe Botschaft war da zu vernehmen! An den Börsen gibt es anscheinend nicht nur die Gefahr von riesigen Verlustlöchern bei Aktien und Zertifikaten, sondern sogar ganz im Gegenteil im Bereich der Firmenbonds geradezu wahre Schnäppchen. Mit Unternehmensanleihen seien Toprenditen zu erzielen, weil deren Kurse sagenhaft niedrig unter 100 lägen, und durch die auf 100 bezogene Nominalverzinsung seien exorbitant hohe Gewinne abzugrasen.

Der dahinrasende Geldexperte geriet jetzt erst recht in Fahrt. Am Beispiel der Escada-Anleihe versuchte er seinem Gegenüber zu erklären, was für ein Wunderding ihm möglicherweise entgehe. Die Escada-Anleihe mit einer Nominalverzinsung von 7,5 Prozent und einer Laufzeit von noch gut dreieinhalb Jahren sei derzeit an der Börse zu einem sagenhaft günstigen Kurs von 52 zu bekommen, das mache auf die Endfälligkeit bezogen eine fette Rendite von 31 Prozent. Würde man es etwas konservativer auslegen wollen, müsste über einen Kauf von Daimler Canada Finance nachgedacht werden. Die sei ja wirklich ganz sicher, und bei einem Kurs von 91 stünden unterm Strich immer noch beachtliche acht Prozent Rendite zu Buche. Ob diese Zinskracher wirklich das Zeug zum Wunderpapier haben oder doch eher zum Rohrkrepierer taugen, ist freilich noch lange nicht ausgemacht.

Es gibt derzeit jede Menge an Unternehmensanleihen, die eine hohe Rendite versprechen, weil ihr Kurs mehr oder weniger stark unter 100 gerutscht ist. Natürlich muss der Emittent am Ende der Laufzeit die Anleihe zurückzahlen, sonst geht die ganze hübsche Kalkulation daneben. Und genau hier liegt eben auch die Krux an der Geschichte. Je höher die vermeintliche Rendite, desto gewaltiger das Ausfallrisiko. Das kommt nicht vor, sagen Sie?

Oh nein, es gibt jede Menge an schlagenden Beispielen dafür, dass dieses Verhältnis zwischen Risiko und Rendite sehr gut funktioniert. Gelegentliche Totalausfälle inbegriffen, siehe Lateinamerika. Wer erinnert sich nicht an die Fokker-Pleite vor einigen Jahren. Trotz der solventen starken Mutter Daimler gingen die Anleihen komplett über die Wupper. Bisschen Schwund ist halt immer.

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