SUPPLEMENT: PRAXiS
Personal Health: Schritte zur individualisierten Gesundheitsversorgung
Dtsch Arztebl 2008; 105(46): [7]


Ein in das T-Shirt integriertes Messsystem überwacht die Atmung und übersteht auch die Wäsche. Foto: Fraunhofer-IIS
- die Produktzulassung, etwa im Hinblick auf Sicherheitsanforderungen und Leistungskriterien
- die Nutzenbewertung der Lösung (unter individuellen, gesundheitswirtschaftlichen und sozioökonomischen Aspekten)
- die Bedienbarkeit und Einsatzfähigkeit im praktischen Betrieb, beispielsweise in der Arztpraxis, im Pflegeheim oder im Krankenhaus
- der universelle Datenzugriff, der den Schutz vor Manipulation und Missbrauch erfordert.
Laut Heinzerling sind Personal-Health-Anwendungen technisch machbar und verfügbar und bieten eine Chance etwa im Rahmen von Assistenzsystemen für eine älter werdende Bevölkerung. „Eine intelligente Regulierung sollte flexible Rahmenbedingungen für die Entwicklung und den Einsatz innovativer Verfahren festlegen, damit diese ihren Nutzen für die Gesundheitsversorgung flächendeckend beweisen können“, forderte er.
Um medizintechnische Innovationen schneller als bisher zur Marktreife zu bringen und Erfahrungen, Probleme und Ideen auszutauschen, entstand Ende 2006 das Innovationscluster „Personal Health“. An dem Cluster, das vom Fraunhofer-Institut für integrierte Schaltungen (IIS) in Erlangen koordiniert wird, beteiligen sich unter anderem Mediziner, Techniker, Forschungsinstitute, Kostenträger, Entwickler der Medizintechnikindustrie und telemedizinische Dienstleister. Dabei handelt es sich nicht nur um eine Plattform für den regelmäßigen Gedankenaustausch, sondern zusätzlich hat man in den Räumen des Universitätsklinikums Erlangen ein medizintechnisches Test- und Anwendungszentrum eingerichtet, in dem Produkte frühzeitig auf ihre Praxistauglichkeit getestet werden können. „METEAN“, so der Name des Zentrums (www.metean.de), dient unter anderem dazu, medizinische Geräte im ambulanten und stationären Betrieb zum Beispiel hinsichtlich Ergonomie und Zuverlässigkeit zu prüfen und zu zertifizieren.
Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Anwendungsstudie zu einem tragbaren Messsystem für das Telemonitoring von Hypertonikern. In das Gerät ist zusätzlich ein Bewegungsmonitor integriert, der die Aktivität des Patienten misst und so wichtige zusätzliche Daten für den Arzt bereitstellt, etwa ob eine Blutdruckmessung in einer Ruhephase oder nach dem Treppensteigen aufgenommen wurde. Die Daten werden per Handy oder PDA (Personal Digital Assistant) an den behandelnden Arzt übertragen. In der METEAN-Studie untersuchen die Forscher unter anderem, ob das Telemonitoring dazu beiträgt, die Therapie von Bluthochdruckpatienten zu verbessern.
Der digitale Begleiter überwacht die Atmung und dient darüber hinaus als Navigationsgerät. Foto: Fraunhofer-ISST
Inzwischen wurde die Lösung für Asthmatiker weiterentwickelt. Der Patient wird zum Beispiel per Handy an die Einnahme seiner Medikamente erinnert, er erhält Informationen zum Wetter und zum Pollenflug sowie zu allergieauslösenden Stoffen und kann in einem Peak-Flow-Tagebuch seine Lungenfunktionswerte dokumentieren und an seinen Arzt übermitteln.
Kombinieren lässt sich diese Anwendung noch mit einem speziellen T-Shirt, in das zickzackförmig über den Brust- und Bauchbereich laufende Sensoren integriert sind. Diese überwachen die Atemanstrengung und -frequenz, indem sie bei Dehnung ein elektrisches Signal abgeben. Die Rohdaten werden zu einem kleinen Modul geleitet, das sie aufnimmt, verarbeitet und die Informationen drahtlos per Zigbee oder Bluetooth zum Handy oder PDA übermittelt („RespiShirt“). Das Messsystem lässt sich zum Beispiel in der Schlafdiagnostik, bei der Fernbetreuung von Patienten oder im Sport einsetzen. So können Leistungssportler, aber auch interessierte Freizeitsportler damit beispielsweise ihre Lungenfunktion kontrollieren.
Echtzeit-Vitalmonitoring
Eine entsprechendes Monitoringsystem gibt es bereits seit einiger Zeit auch für Herz-Kreislauf-Patienten: Im Projekt „senSAVE“ (www.sensave.de), an dem fünf Fraunhofer-Institute beteiligt sind, wurde ein intelligentes, körpernahes Sensornetzwerk entwickelt, das mobiles Echtzeit-Vitalmonitoring ermöglicht. Um ein EKG mit hohem Tragekomfort und mit möglichst geringer Belastung für den Patienten ableiten zu können, wurde ein 3-Kanal-EKG-Sensormodul in ein T-Shirt integriert. Dazu hat man hautverträgliche hochflexible Trockenelektroden entwickelt. Die in die Fasern der Kleidung eingearbeiteten Elektrodenleitungen und die Kapselung der Elektronik verhindern einen ungewollten Kontakt zur Haut des Patienten. Bis auf den Akku kann die Elektronik während der Wäsche im T-Shirt verbleiben. Die Stromversorgung ermöglicht eine ununterbrochene Betriebsdauer von sieben Tagen.
Medikamentenspender
Elektronische Medikamentenbox: Die Tabletten in den Fächern werden zur programmierten Zeit dispensiert. Foto: Fraunhofer-IGD
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Zusätzlich haben die Forscher des IGD eine funkgesteuerte Medikamentenbox entwickelt, mit der sich die exakte Dosierung und Einnahme des richtigen Präparats sicherstellen lässt. Die Box enthält abgetrennte Fächer, in denen jeweils die zu einem bestimmten Einnahmezeitpunkt verordneten Medikamente liegen. Ein Signal der Medikamentenbox erinnert den Patienten an die Einnahme seiner Pillen. Mit einem Knopfdruck am Gerät bestätigt er das Signal, was automatisiert per Mobilfunk an das System zurückgemeldet wird. Erst dann öffnet sich ein Medikamentenfach zur Tablettenentnahme. Sobald eine Einheit dieser Box nicht entnommen wurde, wird ein Erinnerungssignal abgesetzt. Ignoriert der Patient dieses Signal, geht eine Nachricht beispielsweise an ein medizinisches Zentrum oder den Arzt. Heike E. Krüger-Brand
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