ArchivDeutsches Ärzteblatt49/2008Private Krankenversicherung: Belastete Partnerschaft

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Private Krankenversicherung: Belastete Partnerschaft

Rabbata, Samir

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Wie viel Geld Ärzte für die Behandlung von Privatpatienten bekommen, könnte bald Verhandlungssache sein. Foto: Barbara Krobath
Wie viel Geld Ärzte für die Behandlung von Privatpatienten bekommen, könnte bald Verhandlungssache sein. Foto: Barbara Krobath
Der Entwurf für eine neue Gebührenordnung für Zahnärzte, die als Blaupause für eine Novelle der ärztlichen Gebührentaxe gilt, hat den Konflikt zwischen Ärzten und privater Krankenversicherung verschärft. Die Ärzteschaft befürchtet Preisdumping.

Das Verhältnis zwischen Ärzten und dem Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) ähnelt dem Wetter. Kühl ist es, auch wenn noch kein Dauerfrost herrscht. Deutlich wurde das zuletzt Ende November. Im selben Konferenzzentrum, am selben Vormittag, aber in getrennten Veranstaltungen und mit gegensätzlicher politischer Ausrichtung kommentierten Leistungserbringer und der PKV- Verband den Referentenentwurf der Regierung für eine Novelle der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ). Sie gilt als Blaupause für die geplante Neufassung der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ).

Die Legitimationsbasis einer amtlichen Gebührentaxe für privatärztliche oder privatzahnärztliche Leistungen bestehe darin, Voraussetzungen für einen fairen Ausgleich zwischen den berechtigten Interessen der Patienten sowie der Ärzte und Zahnärzte zu schaffen. Stattdessen sorge die Regierung für eine Erosion der Einnahmen aus privatärztlicher und privatzahnärztlicher Tätigkeit, kritisierten Bundesärztekammer (BÄK) und Bundeszahnärztekammer (BZÄK). Der Entwurf sehe zwar eine geringfügige Anhebung des Punktwertes vor, doch unter anderem wegen des engen Zeitbudgets, das der GOZ zugrunde liege, müssten die Zahnärzte sogar ein Minus von 2,5 Prozent beim Honorarvolumen hinnehmen, bemängelte die BZÄK. Zudem orientiere sich das Bewertungsgefüge streng am Bewertungsmaßstab zahnärztlicher Leistungen in der GKV.

Auch die PKV kritisierte die geplante Novelle – allerdings deshalb, weil sie in ihren Augen zu Mehrbelastungen der Privatversicherer führe. Neue Leistungsbeschreibungen in dem Entwurf hätten Kostensteigerungen von zehn Prozent zur Folge. „Es besteht kein Nachholbedarf bei der Honorierung privatzahnärztlicher Leistungen“, betonte Günter Dibbern, Vorsitzender des Leistungsausschusses des PKV-Verbands.

Solche Töne kennt man aus den Auseinandersetzungen zwischen Leistungserbringern und Vertretern der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV). Tatsächlich ist die jahrzehntelang beschworene natürliche Partnerschaft zwischen Ärzten und Privatversicherern seit Langem belastet. Die Assekuranzen senken Vergütungen für Sachleistungen und werfen Ärzten Abrechnungsmanipulationen vor – wohl wissend, dass die meisten vermeintlichen Missbrauchsfälle auf Auslegungsschwierigkeiten der veralteten GOÄ und ihrer unsystematischen Fortschreibung beruhen.

Zu einer gemeinsamen Initiative mit den Ärzten für eine Weiterentwicklung der GOÄ konnte sich die PKV dennoch nicht durchringen. Die Ärzte aber befürchten das Ende der privaten Vollversicherung, wenn der Politik allein das Feld überlassen wird. „Der Referentenentwurf ist der Versuch, die privatärztlichen Gebührenordnungen den Bewertungsmaßstäben der GKV anzugleichen, um so den Weg zu einer Einheitsversicherung zu bahnen“, sagte der Vorsitzende des Ausschusses „Gebührenordnung“ der BÄK, Sanitätsrat Dr. med. Franz Gadomski.

Alarmiert sind die Ärzte auch deswegen, weil einige Versicherungsgesellschaften selbst Planspiele für einen einheitlichen Versicherungsmarkt vorgenommen haben. In diesem würden sich die Konzerne auf das Geschäft mit Zusatzpolicen konzentrieren. Während dies im PKV-Lager höchst umstritten ist, dürften alle privaten Krankenversicherer die Pläne der Regierung für eine Öffnungsklausel begrüßen, wie sie in der GOZ-Novelle angelegt ist. Diese würde es Konzernen und Beihilfeträgern erlauben, mit Zahnärzten unabhängig von der GOZ Einzelverträge abzuschließen. Eine solche Klausel ist auch bei einer Novellierung der GOÄ denkbar. Die Ärzte lehnen dies ab. Denn ähnlich wie bei Selektivvereinbarungen im vertragsärztlichen Bereich besteht die Gefahr von Dumpingverträgen, weil die Leistungserbringer von den Kostenträgern gegeneinander ausgespielt werden könnten.

Ausdrücklich begrüßte PKV-Verbandsdirektor Volker Leienbach die Öffnungsklausel: Damit wolle man aber nicht in erster Linie die Ausgaben begrenzen, sondern gemeinsam mit den Leistungserbringern die Versorgung optimieren. „Wer keine Einheitslösungen will, der sollte sich über die Öffnungsklausel in einer starren, staatlichen Verordnung freuen und entstehende Spielräume ausloten und ausfüllen.“ Das Verhältnis zu den Ärzten bezeichnete er als gut. Allerdings, schränkte er ein, gebe es natürliche Interessenkonflikte.

Dies kann man auch anders formulieren: Wenn’s ums Geld geht, hört die Freundschaft auf.
Samir Rabbata

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