ArchivDeutsches Ärzteblatt49/2008Berufsverband Deutscher Internisten: Geschlossen gegen das Diktat der Kassen

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Berufsverband Deutscher Internisten: Geschlossen gegen das Diktat der Kassen

Korzilius, Heike

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LNSLNS Die Ärzte dürften sich nicht in Partikularinteressen verlieren, meinen die Internisten. Das bedrohe ihre Schlagkraft.

Die alten Grabenkämpfe zwischen den Arztgruppen drohen wieder aufzubrechen. Denn der Gesetzgeber hat Mitte Oktober zwei folgenreiche Änderungen zur hausarztzentrierten Versorgung beschlossen (§ 73 b). Zum einen gibt er mit dem 30. Juni 2009 einen Stichtag vor, bis zu dem die Krankenkassen solche Verträge abgeschlossen haben müssen. Zum anderen schreibt er den Kassen auch einen bevorzugten Vertragspartner vor: Sie müssen künftig Verträge mit Gemeinschaften schließen, „die mindestens die Hälfte der an der hausärztlichen Versorgung teilnehmenden Allgemeinärzte des Bezirks der Kassenärztlichen Vereinigung vertreten“. Damit wird dem Deutschen Hausärzteverband beziehungsweise dessen Landesverbänden quasi ein Vertragsmonopol eingeräumt.

Bei vielen Facharztverbänden stieß diese Entscheidung auf heftige Kritik. Auch der Vorsitzende des Berufsverbands Deutscher Internisten (BDI), Dr. med. Wolfgang Wesiack, sagte Mitte November bei einem Pressegespräch in Berlin: „Zwar wollen wir die alten Kämpfe nicht reaktivieren. Es kann aber nicht sein, dass 29 Prozent der Allgemeinärzte 71 Prozent der anderen hausärztlich tätigen Ärzte dominieren.“ Die hausärztlich tätigen Internisten setzten ebenso wie die Kinderärzte andere therapeutische Schwerpunkte, die durch ein solches Versorgungsmonopol ignoriert würden. Der BDI prüft derzeit, gerichtlich gegen diese Bestimmung vorzugehen.

Den Vorreiter solcher Hausarztverträge haben der Hausärzteverband Baden-Württemberg, Medi und die dortige AOK geschlossen. Wesiack hält diesen für ein „spannendes Experimentierfeld“. Die entscheidende Frage sei aber: „Was haben die Versicherten davon?“ Für den BDI-Präsidenten sind Selektivverträge eine sinnvolle Ergänzung, um Lücken in der Versorgung zu schließen. Das System der Kassenärztlichen Vereinigungen könnten Einzelverträge aber nicht ersetzen. Was die AOK und die Ärzteverbände derzeit in Baden-Württemberg verwirklichten, sei ein Einkaufsmodell zu Lockangeboten. „Das wird sich so nicht wiederholen“, meinte Wesiack. Um zu verhindern, dass die Krankenkassen die Bedingungen diktierten, müssten die Ärzte geschlossen auftreten.

Die ärztliche Freiberuflichkeit ist bedroht
Für mehr Einigkeit zwischen den Arztgruppen will sich der BDI auch in der Allianz deutscher Ärzteverbände einsetzen, in der er seit dem 1. Dezember 2008 den Vorsitzenden stellt. Im Wahljahr 2009 gelte es insbesondere, eine gemeinsame Strategie zu entwickeln, um ärztliche Interessen wirksam zu vertreten.

„Wir müssen eine übergeordnete Perspektive anstreben“, bekräftigte auch BDI-Vizepräsident Prof. Dr. med. Malte Ludwig. Vieles deute darauf hin, dass Teile der Politik die ärztliche Freiberuflichkeit infrage stellten. Als Stichworte nannte Ludwig die Öffnung der Krankenhäuser für die ambulante Versorgung oder auch die Einrichtung Medizinischer Versorgungszentren. „Man soll offenbar sein Heil im Angestelltenverhältnis suchen“, sagte der Internist. Für die wirtschaftliche Selbstständigkeit, aber vor allem für die eigenständige Berufsausübung bleibe immer weniger Raum.
Heike Korzilius

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