ArchivDeutsches Ärzteblatt49/2008Arztserie „Dr. Molly & Karl“: Nur ein Abklatsch von Dr. House

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Arztserie „Dr. Molly & Karl“: Nur ein Abklatsch von Dr. House

Tuffs, Annette

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Die Neurologin und Neurochirurgin Dr. Susanne Molberg (Sabine Orléans, rechts) und ihre Kollegin, die Psychologin Dr. Carlotta Edelhardt (Susanna Simon) Foto: SAT 1
Die Neurologin und Neurochirurgin Dr. Susanne Molberg (Sabine Orléans, rechts) und ihre Kollegin, die Psychologin Dr. Carlotta Edelhardt (Susanna Simon) Foto: SAT 1
Beide sind sie Misanthropen und an ihren Patienten wenig interessiert, es sei denn, diese stellen eine intellektuelle Herausforderung dar. Warum aber lockt dann der US-amerikanische TV-Arzt Dr. House jede Woche drei bis vier Millionen deutsche Zuschauer an den Bildschirm, während es seine deutsche Kollegin Dr. Molly nur auf gut die Hälfte bringt?

Der Geschmack der Zuschauer ist unergründlich, und gute Quoten bedeuten nicht unbedingt Qualität. Doch das deutsche Remake ist nichts weiter als eine einfallslose, billige Kopie – und das merkt auch das viel bescholtene Publikum.

„Ich wollte keine Serie nach einer vorgefertigten Formel machen“, sagte Autor Martin Rauhaus der „FAZ“. Sie sollte nicht so hart realistisch sein wie „Emergency Room“, nicht so detektivisch wie „House“, aber trotzdem überraschend.

Welche neue Formel auch immer angewendet wurde, sie ist kein Erfolgsrezept. Denn wer die ersten Folgen der 13-teiligen Serie „Dr. Molly & Karl“ (Donnerstag 21.15 Uhr, SAT1) gesehen hat, ist gelangweilt bis peinlich berührt, mit welchem Ungeschick hier konstruierte Seriencharaktere agieren und medizinisches Fachwissen herunterleiern. Die stämmige Neurochirurgin Dr. Susanne Molberg ist pausenlos bemüht, möglichst genial zu erscheinen und gleichzeitig ihre Kollegen zusammenzustauchen. Psychische Tiefe ist nicht vorgesehen, und auch die anderen Charaktere wie ihre Gegenspielerin, die Psychologin Dr. Carlotta Edelhardt („Karl“), bleiben blass und agieren vordergründig.

Richtig ärgerlich ist, wie wenig Mühe darauf verwandt wurde, ein realistisches Klinikambiente zu schaffen. Die Gehirnoperationen sind zwar – für manchen Zuschauer wohl erschreckend – realistisch, doch dann werden ständig die Fachrichtungen Neurologie und Neurochirurgie durcheinandergeworfen, übernehmen Stationsschwestern aus dramaturgischen Gründen plötzlich den OP-Dienst, und der Verwaltungsleiter wie der Krankenhauspfarrer scheinen eine richtige Klinik noch nie von innen gesehen zu haben.

Ob Dr. Molly nach Ablauf der ersten Staffel weiter operieren darf, ist nicht bekannt. Indes hat SAT1 verbreitet, dass der Sender 2009 eine zweite Klinikserie an den Start schickt. Die „Klinik am Alex“, in der junge Ärzte ihre ersten beruflichen Schritte machen, klingt ebenfalls verdächtig nach Remake. Hoffentlich hat man nicht nur „Grey’s Anatomy“ geschaut, sondern zusätzlich Feldstudien in deutschen Kliniken betrieben. Annette Tuffs

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