
Helmut Krausser:
Die kleinen Gärten des Maestro Puccini.
Roman. DuMont Buchverlag, Köln 2008, 382 Seiten, gebunden
mit Schutzumschlag, 19,90 Euro
Obwohl man so viel von ihm kennt, weiß das breite Publikum nicht eben viel über den Menschen Giacomo Puccini (1858–1924). Krausser, bekannt als Dichter und Romanautor, nimmt die Herausforderung an und versucht, in seinem Dokumentarroman bislang verborgene Lebensumstände des Komponisten zu erhellen. Dabei beschränkt er sich auf die zehn Jahre zwischen 1902 und 1912. Drei (neben seiner Frau Elvira) für Puccini wichtige Frauen geben den drei Hauptkapiteln ihren Namen. Mit Sybil (Seligmann), der klugen Freundin, und Doria (Manfredi), der unglücklichen Hausangestellten, arbeitet Krausser vor allem historisch Bekanntes erzählend auf. Mit Cori betritt er indes Neuland in der Puccini-Forschung. Cori oder Corinna steht für eine der heftigsten und rätselhaftesten Amouren im Leben des Maestro. Lange hat man vergeblich versucht, ihre Identität aufzudecken. Krausser und der Puccini-Biograf Dieter Schickling glauben nun, anhand neuer Recherchen die reale Corinna gefunden zu haben. Das ist spannend und vermutlich nah an der Wahrheit, gleichzeitig aber auch Stoff, den der Romanautor Krausser benutzt. Denn von den zahlreichen Briefen, die Puccini und seine Geliebte sich geschrieben haben, ist kein einziger erhalten. Krausser füllt die Lücken bravourös.
So entsteht das Porträt eines außergewöhnlichen Komponisten und eines gewöhnlichen Mannes. Mit viel Sinn für Situationskomik beschreibt Krausser etwa, wie Puccinis hohe Ansprüche seine Librettisten zur Verzweiflung bringen, und die gewaltige Mühe bei der Entstehung der „Madame Butterfly“. Der Mann Puccini unterhält zeitlebens außereheliche Affären und kann doch von seiner Gattin nicht lassen. Das ist neben aller Tragik manchmal schlicht komisch. Doch Krausser denunziert seinen Helden nie, und so wächst einem der Mensch Puccini mit all seinen Schwächen ein bisschen ans Herz.