ArchivDeutsches Ärzteblatt49/2008Zum richtigen Zeitpunkt des Aufklärungsgesprächs: Die Dringlichkeit des Eingriffs ist entscheidend

BERUF

Zum richtigen Zeitpunkt des Aufklärungsgesprächs: Die Dringlichkeit des Eingriffs ist entscheidend

Seckel, Nadin

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LNSLNS Die ärztliche Aufklärungspflicht ist Voraussetzung für die wirksame Einwilligung des Patienten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs kann der ärztliche Eingriff sogar dann eine Körperverletzung sein, wenn er der Heilung oder Besserung dient und kunstgerecht durchgeführt wird. Deshalb gilt das Handeln des Arztes nur dann als gerechtfertigt, wenn der Patient wirksam eingewilligt hat. Eine solche Einwilligung setzt jedoch voraus, dass der Patient Art, Bedeutung und Folgen des Eingriffs zumindest in ihren Grundzügen erkannt hat. Dies zu vermitteln ist Aufgabe des Arztes. Die Aufklärungspflicht als Rechtspflicht des Arztes wurzelt im Selbstbestimmungsrecht, der Entscheidungsfreiheit und der Menschenwürde des Patienten.

Im Regelfall hat das Aufklärungsgespräch einen Tag vor dem Eingriff zu erfolgen. Hiervon abweichend genügt es bei Notoperationen jedoch, wenn die erforderliche Aufklärung drei bis vier Stunden vorher stattfindet.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts München (Az.: 1 U 2175/06) fallen unter den Begriff der Notfalloperation nicht nur diejenigen Eingriffe, ohne die mit hoher Wahrscheinlichkeit der Tod des Patienten eintreten würde. Ein kurzer zeitlicher Abstand von wenigen Stunden kann zwischen dem Aufklärungsgespräch und der Operation vielmehr auch dann genügen, wenn andernfalls eine deutliche Verschlechterung der Heilungschancen für den Patienten droht oder eine hohe Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von lebensbedrohlichen Komplikationen besteht.

Der Arzt würde sich einer Haftungsgefahr aussetzen, wenn er zum Zweck der Einhaltung des vermeintlich korrekten Abstands zwischen dem Aufklärungsgespräch und dem Eingriff einen Tag vergehen ließe und sich in diesem Zeitraum die oben dargelegten Risiken verwirklichen würden.

Der richtige Zeitpunkt der Aufklärung beurteilt sich somit nach der Dringlichkeit des Eingriffs und ist nicht mehr völlig starr mit mindestens einem Tag vor dem Eingriff festgelegt.
RA Nadin Seckel, Erfurt

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