ArchivDeutsches Ärzteblatt PP12/2008Geschlechtsspezifische Aspekte des Rauchens: Höheres Lungenkrebsrisiko für Frauen

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Geschlechtsspezifische Aspekte des Rauchens: Höheres Lungenkrebsrisiko für Frauen

Bühring, Petra

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Die Europäische Union stellt 42 bildgestützte Warnhinweise zu Verfügung. Großbritannien und Belgien sind die einzigen EU-Länder, die sie bisher eingeführt haben. Foto: Photothek
Die Europäische Union stellt 42 bildgestützte Warnhinweise zu Verfügung. Großbritannien und Belgien sind die einzigen EU-Länder, die sie bisher eingeführt haben. Foto: Photothek
Frauen reagieren empfindlicher auf die gesundheitsschädigende Wirkung von Tabakprodukten als Männer. Genderspezifische Prävention ist wirksamer als allgemeine.

Wenn Frauen so rauchen wie Männer, dann sterben sie ebenso früh – sie verschenken ihre höhere Lebenserwartung“, betonte Dr. med. Martina Pötschke-Langer vom Deutschen Krebsforschungszentrum bei der Jahrestagung der Drogenbeauftragten zum Thema „Frauen und Rauchen – Neue Wege in der Prävention“ Mitte Oktober in Berlin. Frauen reagieren empfindlicher auf die gesundheitsschädlichen Wirkungen des Rauchens als Männer. Sie haben in mittleren Jahren ein höheres Risiko, an Lungenkrebs zu sterben. In den vergangenen 20 Jahren hat sich infolge des zunehmenden Anteils der Raucherinnen die Zahl der Lungenkrebserkrankungen mehr als verdoppelt. Zudem haben rauchende Frauen ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und für Osteoporose. Bestimmte Formen der Leukämie sind mit Tabakkonsum assoziiert. Rauchen schränkt die Fruchtbarkeit ein und beeinflusst den Menstruationszyklus. Rauchende Mütter schädigen auch ihre Kinder.

Allen Präventionsmaßnahmen zum Trotz rauchen in Deutschland etwa 27 Prozent der Frauen, das sind rund zehn Millionen. Dabei rauchen Frauen mit niedriger Schulbildung doppelt so häufig gegenüber Frauen mit Abitur. Unter Alleinerziehenden liegt die Zahl der Raucherinnen bei 52 Prozent. „Gerade bei sozial benachteiligten Frauen ohne Netzwerke sehen wir hohe Quoten und stellen keinen Rückgang fest“, erklärte Prof. Dr. Ulrike Maschewsky-Schneider, Berlin School of Public Health an der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Rauchende Schwangere gehören ebenfalls häufig dieser Gruppe an. Maschewsky-Schneider fordert eine „zielgruppenspezifische Prävention“, in die auch Gynäkologen und Hebammen einbezogen werden müssten. Besonders häufig rauchten zudem Frauen mit psychischen Erkrankungen. „Die Ursachen für diesen Zusammenhang bilden biologische, physiologische, soziale und auch hormonelle Faktoren“, erläuterte die Präventionsexpertin. Die Forschung sei darüber noch nicht abgeschlossen. Auch Frauen zwischen 45 und 60 Jahren rauchen besonders häufig und meist seit Jahrzehnten. „Für diese Gruppe ist der Ausstieg sehr schwierig.“ Viele Frauen hätten in den 70er-Jahren angefangen zu rauchen, beeinflusst durch die Werbung der Tabakindustrie, die die emanzipatorischen Bestrebungen der Frauen aufgegriffen habe. „Präventionsmaßnahmen, um gegenzusteuern, gab es damals nicht“, erinnert sich Maschewsky-Schneider.

Heute weiß man, dass geschlechtsspezifische Präventionsmaßnahmen am effektivsten sind. Bis Ende dieses Jahres will die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Sabine Bätzing, deshalb ein nationales Aktionsprogramm zur Tabakprävention auflegen, in dem neben kontinuierlichen Tabaksteuererhöhungen, der Einführung bildgestützter Warnhinweise auf Zigarettenpackungen und weiterer Tabakwerbebeschränkungen geschlechtsspezifische Präventionsempfehlungen aufgegriffen werden sollen. „Zum Beispiel muss der Lifestyleaspekt, dass Rauchen schlank mache und cool sei, aus der Werbung herausgenommen werden“, sagte Bätzing. Obwohl sich die Zahl der jugendlichen Raucher von 28 Prozent im Jahr 2001 auf 17 Prozent im Jahr 2008 reduziert hat, beginnen heute mehr Mädchen zwischen zwölf und 17 Jahren mit dem Rauchen als Jungen. Besonders auf diese Zielgruppe haben große bildgestützte Warnhinweise auf Tabakprodukten Einfluss. „Vor allem dann, wenn sie geschlechtsspezifisch sind“, betonte Pötschke-Langer. Ausreichende Daten dazu aus Brasilien, Kanada, Australien und Neuseeland, wo es diese Hinweise schon gibt, liegen vor. Als einzige EU-Länder haben Belgien und Großbritannien die abschreckenden Bilder bisher eingeführt. „In Deutschland planen wir die Einführung für das Jahr 2010“, versprach die Drogenbeauftragte.
Petra Bühring

Neue Broschüre

Das Deutsche Krebsforschungszentrum, Heidelberg, hat eine neue
Broschüre in der „Roten Reihe
Tabakprävention und Tabakkontrolle
Band 9: Frauen und Rauchen in
Deutschland“ herausgegeben. Der
67-seitige Report kann im Internet
heruntergeladen werden: www.tabakkontrolle.de/pdf/Frauen_
und_Rauchen_Band_9.pdf.
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