MEDIZINREPORT
Influenza in der Praxis: Was bei der Betreuung von Älteren zu beachten ist


Früher als in den vergangenen Jahren breitet sich in Deutschland die Grippewelle aus, wobei der Stamm Influenza A/H3N2/Brisbane, der in der Vergangenheit häufig zu schweren Verläufen und Todesfällen geführt hat, das Bild dominiert. Daher rät das Robert-Koch-Institut auch zum jetzigen Zeitpunkt noch zur Schutzimpfung. Bei Personen über 50 Jahre ist die Ansprech- und Protektionsrate jedoch geringer. „Vermutlich benötigt der ältere Erwachsene bei der Influenza-Impfung ähnlich wie bei der Zoster-Impfung höhere Dosen“, sagte Prof. Dr. med. Bernd Salzberger (Regensburg) kürzlich bei einem Symposium in Hamburg. Die Empfehlung dafür werde wahrscheinlich nicht lange auf sich warten lassen.
Dass eine Impfung mit höheren Antigendosen den Schutz von Älteren (> 65 Jahre) vor Influenza verbessern kann, ergab eine Studie mit einer trivalenten Vakzine, die einen viermal höheren Hämagglutininanteil hat als die Standardvakzine (Falsey, ICAAC 2008, G–1191). In dieser doppelblinden Studie erhielten 2 275 Probanden eine Impfung mit der Hochdosis 60 µg Hämagglutinin und 1 262 Probanden die Impfung mit der Standarddosis 15 µg Hämagglutinin.
Eine Subanalyse der erreichten Antikörpertiter bei vorher seronegativen Probanden (circa zehn Prozent aller Studienteilnehmer) ergab folgende Protektionsraten: 74 Prozent versus 51 Prozent beim Stamm H1N1, 96 Prozent versus 82 Prozent beim klinisch problematischen Stamm H3N2 und 56 Prozent versus 41 Prozent bei der klinisch weniger relevanten Influenza B. Bei insgesamt guter Verträglichkeit waren Lokalreaktionen im Hochdosisarm nur geringgradig schwerer beziehungsweise häufiger.
Multivarianzanalyse spricht für eine antivirale Therapie
Salzberger empfiehlt älteren Patienten mit nachgewiesener Influenza eine antivirale Therapie – auch noch 48 Stunden nach stationärer Aufnahme. Hintergrund ist eine kanadische Kohortenstudie mit 698 Grippepatienten (Plevneshi, ICAAC 2008, L–680), die im Mittel 76 Jahre alt waren; 65 Prozent von ihnen waren gegen Influenza geimpft, 18 Prozent lebten im Heim und sechs Prozent wiesen bakterielle Koinfektionen auf.
Trotz nachgewiesener Influenza-Infektion wurden 86 Prozent mit Antibiotika behandelt; nur 33 Prozent erhielten eine antivirale Therapie mit einem Neuraminidasehemmer, davon drei Viertel auch noch nach 48 Stunden nach Aufnahme. 18 Prozent der Patienten wurden intensivmedizinisch betreut, und acht Prozent sind verstorben. Die Multivarianzanalyse ergab für die Parameter Intensivstation (RR 10,4), Pflegeheim (RR 4,5) und Verzicht auf anitivirale Therapie (RR 3,4) eine signifikante Assoziation zur Mortalität.
Antigenschnelltests zur Diagnos-tik der Influenza sind Salzberger zufolge bei Patienten über 50 Jahre aufgrund ihrer schlechten Sensitivität nicht geeignet. Die klassischen Diagnostika – Immunfluoreszenz- und Antigenschnelltests – seien vor allem bei Kindern und Jugendlichen evaluiert. Eine prospektive Studie in vier Krankenhäusern in Tennessee/USA belegte die schlechte Sensitivität der Schnelltests bei Älteren (Talbot, ICAAC 2008, V–922): Im ersten Winter wurden 516 Patienten mit Verdacht auf Influenza untersucht. Bei sechs Prozent von ihnen wurde eine Influenza mittels PCR nachgewiesen. Die Sensitivität der Antigenschnelltests lag bei drei bis acht Prozent und die Sensitivität der klinischen Diagnose anhand der klassischen Symptome Fieber, Kopfschmerz und Husten bei 69 Prozent.
Im zweiten Winter wurden 128 Patienten in die Studie eingeschlossen (nur eine Klinik nahm teil), und die PCR ergab bei 15 Prozent der Patienten eine Influenza. In diesem Winter mit höherer Influenza-Inzidenz erhöhte sich die Sensitivität der Antigenschnelltests zwar auf 28 bis 40 Prozent, erreichte jedoch wieder nicht die Sensitivität der klinischen Diagnose von 69 Prozent.
Wichtig für die Diagnostik der Influenza ist laut Salzberger vor allem die Qualität der Proben: Mukus kann den Virusnachweis erschweren, deshalb vor dem Virusabstrich die Nase putzen, ein Rachenabstrich oder Rachenspülwasser (gewonnen aus Nasenspülung) sind besser als ein Nasenabstrich, und die Probe sollte vor Austrocknung der Schleimhaut gewonnen werden, zum Beispiel vor der Sauerstoffgabe bei Dyspnoe.
Andrea Warpakowski
1. Hamburger Infektiologie Update am 6. Dezember 2008 in Hamburg, Veranstalter: Institut für interdisziplinäre Medizin (ifi), Hamburg
INFLUENZA IN DER PRAXIS
Modell des Influenzavirus:
Da sich
die Lipidhülle des
Influenzavirus bei
tieferen Temperaturen
verändert, bleibt
der Erreger länger
virulent. Bei einer
Temperatur von
null Grad Celsius ist
das Virus mehr als
30 Tage und im Eis
nahezu unbegrenzt
überlebensfähig.
Abbildung:GlaxoSmithKline
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