ArchivDeutsches Ärzteblatt7/2009Notfälle in der Geburtshilfe – peripartale Blutungen: Schlusswort
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LNSLNS Der Beitrag von Goeters und van Aken ermöglicht es mir, einige Punkte noch klarer darzustellen.

Die kardiovaskulären Nebenwirkungen bei der Gabe von Uterotonika sind lange Zeit deutlich unterschätzt worden. Es ist allerdings bei allen Uterotonika mit Nebenwirkungen zu rechnen, da der gewünschte Effekt der Muskelkontraktion nicht auf den Uterus beschränkt bleibt. Andererseits kann der rasche Einsatz von Uterotonika bei der Atonie lebensrettend sein.
Mittel der ersten Wahl ist Oxytocin. Bei der Bolusgabe von Oxytocin ist die Dosierung entscheidend. Die von Ihnen beschriebenen Komplikationen sind bei Dosierung von 10 IE Oxytocin als Bolusgabe aufgetreten. Es ist daher angezeigt, dass eine maximale Einzeldosierung von 3 IE Oxytocin nicht überschritten wird. In Ausnahmefälle kann eine zweite Bolusgabe von 3 IE zu einem späteren Zeitpunkt überlegt werden (Maximaldosierung von 6 IE in der Tabelle). Die Angabe von 6 IE im Kasten 1 (jeweils zwei Einzeldosen von je 3 IE) ist leider missverständlich formuliert, da man daraus den falschen Schluss ziehen könnte, dass 6 IE Oxytocin als Einzeldosis eingesetzt werden können.

Die routinemäßige Applikation von 3 IE Oxytocin nach Abnabelung (bei Spontangeburten) beschleunigt die Plazentaperiode signifikant und verstärkt die Muskelkontraktion. Sie führt zu einer Verminderung des postpartalen Blutverlustes und fördert die lokale Vasokonstriktion des Uterus. Diese senkt das Risiko für atone Blutungen (1). Die Bolusgabe von Oxytocin ist daher nicht generell als kontraindiziert anzusehen. Bei einer prophylaktischen Gabe (zum Beispiel im Rahmen einer Sectio) wird natürlich üblicherweise gleich mit der Infusion begonnen.

Der Einsatz von Methylergotamin wird in vielen Behandlungszentren aufgrund des kardiovaskulären Nebenwirkungsprofils (Vasospasmen) nicht mehr verwendet. Auch an unserer Klinik kommt das Medikament nicht mehr zum Einsatz.

Bei der Gabe von Prostaglandinen sind ebenfalls bedeutsame Nebenwirkungen zu erwarten. Das Medikament sollte nicht als Mittel der ersten Wahl zum Einsatz kommen.

Die Datenlage für die Empfehlung zu einer frühzeitigen Embolisation ist noch nicht vorhanden. Erstens müssen die entsprechenden logistischen Voraussetzungen gegeben sein, um den Eingriff überhaupt gefahrlos durchführen zu können. Es ist nicht empfehlenswert, eine entbundene Patientin mit atoner Nachblutung um zwei Uhr nachts in eine Radiologie zur Embolisation zu verlegen. Es sind dafür bessere Therapieoptionen (Rucksacknaht, Tamponade, Uterotonika) vorhanden. Auch bei einer vorhandenen Gerinnungsstörung macht es Sinn, primär die Ursache zu behandeln und nicht frühzeitig an die Embolisation zu denken. Bei chirurgisch und medikamentös schwer zu behandelnden Ursachen (Plazenta increta) stimme ich Ihnen jedoch zu, dass hier frühzeitig an eine Embolisation gedacht werden soll.

Ostendorf gibt eine wichtige ergänzende Information zur medikamentösen Therapie bei schweren Blutungen und weist auf die Leitlinien zur Therapie mit Blutkomponenten und Plasmaderivaten hin.

Die Formulierung „im Notfall werden Patientinnen ungekreuzte 0-Rh-negative Erythrozytenkonzentrate verabreicht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Blutgruppe meist bekannt ist, da sie im Mutterpass eingetragen ist“ sollte natürlich nicht so verstanden werden, dass die Richtlinien bei einer Bluttransfusion nicht eingehalten werden müssen. Der Blick in den Mutterpass kann aber hilfreich sein, da neben der Blutgruppe auch der Antikörpersuchtest routinemäßig im Mutterpass eingetragen wird.
Die Autoren rufen nicht zur wahllosen Gabe von rFVIIa auf. „Unsere Erfahrungen zeigen, dass trotz mehrmaliger Laparotomie und ausgereizter konservativer Therapie die Gabe von rFVIIa nach vielversprechenden Ergebnissen in der Literatur als ultima ratio zu erwägen ist.“ DOI: 10.3238/arztebl.2009.0114

Prof. Dr. med. Franz Kainer
Perinatalzentrum Klinikum Innenstadt, LMU
Maistraße 11
80337 München
E-Mail: Franz.Kainer@med.uni-muenchen.de

Interessenkonflikt
Die Autoren aller Diskussionsbeiträge erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
1.
Hatzopoulos FK: Obstetric drug therapy. In: Koda-Kimble MA, Young LY, Kradjan WA et al. (eds.): Applied therapeutics: the clinical use of drugs. 8th ed. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins 2005; 126.
2.
Kainer F, Hasbargen U: Notfälle in der Geburtshilfe – peripartale Blutungen. Dtsch Arztebl 2008; 105(37): 629–38 VOLLTEXT
1. Hatzopoulos FK: Obstetric drug therapy. In: Koda-Kimble MA, Young LY, Kradjan WA et al. (eds.): Applied therapeutics: the clinical use of drugs. 8th ed. Philadelphia: Lippincott Williams & Wilkins 2005; 126.
2. Kainer F, Hasbargen U: Notfälle in der Geburtshilfe – peripartale Blutungen. Dtsch Arztebl 2008; 105(37): 629–38 VOLLTEXT

Der klinische Schnappschuss

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