

Nicht selten werden Ärztinnen und Ärzte mit den Folgen körperlicher und seelischer Gewalt konfrontiert. Von ihnen wird erwartet, die Unversehrtheit des Patienten wiederherzustellen. Doch wie entsteht Gewalt? Ist sie in der Natur eines jeden Menschen angelegt, oder ist sie eine krankhafte Anomalie? Über die Ursprünge von Gewalt, insbesondere wenn sie von männlichen Jugendlichen verübt wird, wurde viel diskutiert, die Schuld unter anderem bei schlecht verarbeiteter Reizeinwirkung von außen gesucht, zum Beispiel bei Gewalt verherrlichenden Videospielen oder Filmen. Der Regiedebütant Niels Laupert liefert mit dem Film „Sieben Tage Sonntag“, für den er auch das Drehbuch geschrieben hat, seinen Beitrag zu dieser Diskussion.
Adam und Tommek wohnen in einer Plattenbausiedlung. Sie treffen sich mit ihrer Clique auf den Vorplätzen aus Sichtbeton und trinken Bier. Seit sie nicht mehr zur Schule gehen, ist für sie jeder Tag Sonntag. Tommek spielt gern den Anführer, kommandiert mit rauem Ton die anderen herum und macht der blonden Sara unzweideutige Avancen. Auch Adam ist in Sara verliebt, doch er ist zu schüchtern, um es ihr zu zeigen. Und dann sind sie nachts auf einer Party, wie so oft. Alkohol und Eintönigkeit verwandeln Lebensfreude in Ödnis. Und dann gehen sie los, aus einer plötzlichen Laune heraus, Adam und Tommek, und sie töten Menschen. Es sind Passanten, die ihnen zufällig begegnen, die sie noch nie gesehen haben. Sie tun es schlicht, um es getan zu haben. Und hinterher wird Adam sagen: „Es war so einfach.“
Alkohol und Eintönigkeit
haben die
Lebensfreude von
Adam, der sich mit
seiner Clique auf den
Vorplätzen aus Sichtbeton
trifft, in Ödnis
verwandelt.
Fotos: Timebandits Films
„Sieben Tage Sonntag“ liefert keine einfache Erklärung für die Entstehung von Gewalt, aber dafür eine umso plausiblere. Gewalt muss nicht immer zielgerichtet, muss nicht von einem rational nachvollziehbaren Motiv geleitet sein. Sie ist gleichsam eine Urgewalt, die dicht unterhalb der zivilisatorischen Oberfläche existiert und die, vulkangleich, in Momenten fehlender (Selbst-)Kontrolle zum Ausbruch kommen kann. Der Film zeigt ungeschönt und ohne moralische Überheblichkeit eine Welt, die nicht immer so ist, wie man sie sich wünscht.
Atmosphärisch: dichte Inszenierung
Das eindringliche Spiel der beiden Hauptdarsteller Ludwig Trepte und Martin Kiefer lässt nachvollziehen, was nicht zu verstehen ist. Die atmosphärisch dichte Inszenierung legt das beklemmende Umfeld der Jugendlichen offen, die mit einem Mord ihr eintöniges Leben mit Bedeutung füllen wollen und deren Alltag in Freiheit sich kaum von ihrem Alltag im Gefängnis unterscheidet. „Sieben Tage Sonntag“ zeigt dabei nicht allein die Geschehnisse auf, sondern liefert darüber hinaus in einem universellen Ansatz eine Erklärung über die Funktion von Gewalt für die überaus komplexe menschliche Psyche.
Falk Osterloh
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