KULTUR
Die Finanzkrise am Kunstmarkt: Kein größerer Einbruch bei der klassischen Moderne


Mehr als 38 000
Kunstinteressierte
haben das Art Forum
Berlin besucht. Dennoch
waren die Geschäfte
wohl mehr als flau.
Wenn Galeristen auf Kunstmessen davon schwärmen, dass sie wieder mehr Zeit für intensive Gespräche mit den Besuchern haben – so geschehen auf dem letztjährigen Art Forum Berlin – dann kann man getrost davon ausgehen, dass die Geschäfte mehr als flau waren. Auf den Erhalt exakter Verkaufszahlen wird man auf Kunstmessen sowieso vergeblich hoffen.
Spektakuläre Abschlüsse auf der Messe für Gegenwartskunst am Funkturm wie der Verkauf des neuen Großformats von Neo Rauch für 500 000 Euro durch die Galerie Eigen und Art an einen Privatsammler sind nicht repräsentativ, wenn man bedenkt, dass die Warteliste für diesen Künstler (noch?) sehr lang ist. Die Stunde der Wahrheit schlug spätestens bei den Herbstauktionen. Und gleich der Auftakt in New York war zumindest bei der Gegenwartskunst mehr als enttäuschend. Vermeintlich sichere Kandidaten wie Francis Bacon und Gerhard Richter, die in der Vergangenheit für Rekorderlöse gesorgt hatten, blieben unverkauft oder weit unter den Schätzpreisen und bescherten den Auktionshäusern Christie’s und Sotheby’s große Verluste; allein bei Christie’s beliefen sich die Einbußen durch gegebene Verkaufsgarantien auf geschätzte 60 Millionen US-Dollar.
Fotos: Messe Berlin GmbH
Die Arroganz so mancher Galeristen wird verfliegen
Bei der klassischen Moderne zeigten sich übereinstimmend alle deutschen Auktionshäuser zufrieden darüber, dass ein größerer Einbruch vermieden werden konnte. Zwar lagen die Zuschläge häufig am unteren Schätzpreis, aber Corinth, Hofer, Kirchner, Liebermann, Nolde und Macke punkteten meist deutlich darüber und trösteten so über die nicht seltenen Rückgänge hinweg. Ähnlich wie am Aktienmarkt ist es fraglich, ob die Tiefststände bei den Kunstpreisen schon erreicht sind. Besonders bei der Gegenwartskunst wird noch so manche Korrektur zu beobachten sein. Das Gute daran: Die Arroganz so mancher Galeristen wird sehr schnell verfliegen, und statt Wartelisten aufzustellen, werden sie auf Kunden warten müssen und sich diesen wieder intensiver widmen. Die Sammler sollten künftig nicht zuallererst fragen, ob ein Kunstwerk eine gute Investition ist, sondern ob es einen berührt oder inspiriert, sodass es auch noch nach Jahren nicht an Reiz verliert und vielleicht doch eine gute Investition war.
Dr. med. Helmut Jaeschke
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