BEKANNTGABEN DER HERAUSGEBER: Bundesärztekammer
Neue GOÄ: Auslegungsfragen


Abrechnung von Laborleistungen
Zur Abrechnung von Laborleistungen, insbesondere auf der Grundlage des neu strukturierten Abschnittes M
"Laboratoriumsuntersuchungen", ist innerhalb der Ärzteschaft erhebliche Unruhe entstanden, weil
unterschiedliche Interpretationen zur Berechnung, vor allem von Speziallaborleistungen, bekanntgegeben
worden sind. Um Fehlinterpretationen der Neuregelung und damit der Verunsicherung in der Ärzteschaft
entgegenzuwirken, ist zunächst generell festzustellen, daß die Neufassung des § 4 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GOÄ
die Delegation von Leistungen des Speziallabors einschränkt und höhere Anforderungen an die Erbringung
dieser Leistungen stellt.
Die Akzeptanz dieser Neuregelung wird dadurch beeinträchtigt, daß einige Laborparameter (zum Beispiel
Schilddrüsenparameter und Rheumafaktor) abweichend von der im übrigen vergleichbaren EBM-Regelung
anstatt dem Basislabor M II dem Speziallabor M III zugeordnet worden sind. Die Bundesärztekammer wird
sich beim Bundesministerium für Gesundheit dafür einsetzen, daß dies korrigiert wird. Trotz dieser Mängel in
der Zuordnung von Laborleistungen ist die Neustrukturierung geltendes Recht und damit für den Arzt
verbindlich. Würde diese Neuregelung in Frage gestellt und würde – wie dies eine Ärzte-Initiative eingebracht
hat – von seiten der Ärzteschaft eine sofortige isolierte Korrektur des § 4 Abs. 2 Satz 2 gefordert, muß damit
gerechnet werden, daß die mit der GOÄ-Novelle gerade beendete Labordiskussion insgesamt neu aufgerollt
würde. Das ursprüngliche Konzept der Politik einer weitgehenden Ausgliederung des Labors als ärztliche
Leistung aus der GOÄ und die Vergütung von Laborleistungen nach Kostensätzen würde wieder aufleben. Auf
die Entschließung des Bundesrats zur Berichtspflicht der Bundesregierung über die Neuordnung von
Laborleistungen wird hingewiesen. Mit der Neustrukturierung des Laborkapitels und der Differenzierung
zwischen Akut-/Praxislabor (M I), einem delegierbaren Basislabor (M II) und einem an qualifizierte
Voraussetzungen gebundenen Speziallabor (M III/M IV) konnte nicht nur das Labor als ärztlicher
Leistungsbereich erhalten, sondern auch verhindert werden, daß die Bewertungen der Laborleistungen
insgesamt noch weiter abgesenkt worden sind.
Demgegenüber hat der Verordnungsgeber der Amtlichen Gebührenordnung die von der Ärzteschaft selbst
aufgestellten Prinzipien zur Erbringung und Abrechnung von Laborleistungen in die Novelle der GOÄ
übernommen; eine ähnliche Struktur gilt bereits seit längerer Zeit im Einheitlichen Bewertungsmaßstab für
vertragsärztliche Leistungen und ist damit für die vertragsärztliche Versorgung fest verankert. Die qualifizierte
persönliche Mitwirkung des Arztes an der Erbringung von Leistungen des Speziallabors ist im übrigen auch
Grundlage für die entsprechend höhere Bewertung dieser Leistungen in der novellierten GOÄ. Die häufig
formulierte Forderung an die Bundesärztekammer, diese Strukturierung rückgängig zu machen, verkennt die
dann zu erwartenden gesetzgeberischen Maßnahmen in diesem Bereich. Der sowohl in der vertragsärztlichen
als auch in der privatärztlichen Versorgung seit Jahren schwelende innerärztliche Konflikt muß dahingehend
beigelegt werden, daß die in der GOÄ vorgenommene Abgrenzung zwischen delegierbaren Laborleistungen
einerseits und an besondere Qualifikationen und Aufsichtspflichten gebundenen Laborleistungen andererseits
zum Tragen kommt, um den Erhalt des Labors als ärztliche Leistung zu sichern. Aus diesem Grunde
empfehlen wir dringend, die höheren Anforderungen an die Erbringung und Abrechnung von
Spezialleistungen zu akzeptieren.
Vorhalteleistungen in der eigenen niedergelassenen Praxis (M I) – Praxislabor
Das Praxislabor nach Abschnitt M I ist als Akutlabor in der eigenen niedergelassenen Praxis vorzuhalten. Es
ist deshalb auch mit eigenständigen Leistungspositionen und Bewertungen in die GOÄ aufgenommen worden.
Leistungen dieses Praxislabors sind entsprechend den Allgemeinen Bestimmungen zu Abschnitt M I (Nrn.
3500 bis 3532) nur berechnungsfähig, wenn die Laboruntersuchungen direkt beim Patienten – dies kann auch
beim Hausbesuch sein – oder in den eigenen Praxisräumen innerhalb von vier Stunden nach der Probenentnahme beziehungsweise Probenübergabe an den Arzt erfolgt. Ausdrücklich ausgeschlossen ist die
Berechnungsfähigkeit dieser Leistungen bei Leistungserbringung in einem Krankenhaus, einer
krankenhausähnlichen Einrichtung, einer Laborgemeinschaft oder in einer laborärztlichen Praxis. Da die
Leistungserbringung im Krankenhaus ausdrücklich ausgeschlossen ist und dieser Ausschluß nicht auf
stationäre Wahlleistungen begrenzt ist, können Leistungen des Abschnittes M I auch nicht im Rahmen der
ambulanten Sprechstundenbehandlung des Krankenhausarztes berechnet werden.
Basislabor (M II)
In § 4 Abs. 2 Satz 2 ist die Delegation von Laborleistungen an eine Laborgemeinschaft – oder aus von Ärzten
ohne eigene Liquidationsberechtigung geleiteten Krankenhauslabors – auf Leistungen des Abschnittes M II
begrenzt worden. Insofern gilt die bisherige Regelung des § 4 Abs. 2 Satz 2 GOÄ, die sich nach altem Recht
auf alle Laborleistungen, das heißt alle Leistungen des Abschnitts M, bezog, in der neuen GOÄ nur noch für
Leistungen des Abschnittes M II.
Speziallabor (M III/IV)
Aus der Formulierung des § 4 Abs. 2 Satz 2 und der Einschränkung, daß die dort vorgesehene besondere Form
der Erbringbarkeit und Berechenbarkeit als fiktiv eigene Leistungen sich nur auf
Laborleistungen des Abschnittes M II des Gebührenverzeichnisses (Basislabor) beziehen kann, ist zu schließen,
daß Leistungen der Abschnitte M I (vgl. oben) und M III und M IV anderen Bedingungen unterworfen worden
sind. Dies ist neben der gesetzlichen Regelung auch der Begründung zum Regierungsentwurf zu entnehmen.
So ist im Allgemeinen Teil der Begründung ausgeführt, daß es dem Verordnungsgeber um eine Einschränkung
der "Beziehbarkeit" von Laborleistungen aus Laborgemeinschaften auch im privatärztlichen Bereich geht.
Für die Frage, unter welchen Voraussetzungen Leistungen der Abschnitte M III und M IV gebührenrechtlich
als eigene Leistungen abgerechnet werden dürfen, ist § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ maßgeblich:
"Der Arzt kann Gebühren nur für selbständige ärztliche Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder
die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden (eigene Leistungen)."
¿ Die erste Variante wirft keine besonderen Probleme auf – gemeint ist die "höchstpersönliche"
Leistungserbringung durch den Arzt selbst.
À Für die praktische Problematik kommt es im wesentlichen auf die Interpretation der zweiten Variante an:
"unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung".
a. "Fachliche Weisung": Die fachliche Weisung stellt ab auf die berufsrechtlichen Qualifikationen zur
Erbringung von Laborleistungen nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung und deren jeweilige Umsetzung in
verbindliches Satzungsrecht auf der Ebene der Landesärztekammern.
b. "Aufsicht des abrechnenden Arztes": Ferner setzt die Abrechenbarkeit als eigene Leistung voraus, daß sie
unter der Aufsicht des abrechnenden Arztes durch nichtärztliches Personal erbracht worden ist. Dies zwingt
nicht in jedem Falle dazu, daß das nichtärztliche Personal ausschließlich Personal des abrechnenden Arztes
sein muß, so daß auch die Erbringbarkeit in einer Praxisgemeinschaft, welche Träger eines gemeinschaftlichen
Labors ist, als rechtlich zulässig angesehen werden muß. Sicherzustellen ist auf jeden Fall aber, daß das
nichtärztliche Personal beaufsichtigt, das heißt auch der Einzelweisung des abrechnenden Arztes unterstellt ist
und unter dessen Verantwortung tätig wird.
Die Einleitung zum Abschnitt M bestimmt zum gebührenrechtlichen Inhalt der Laborleistungen: "Die
Gebühren für Laboratoriumsuntersuchungen des Abschnitts M umfassen die Eingangsbegutachtung des
Probenmaterials, die Probenvorbereitung, die Durchführung der Untersuchung (einschließlich der
erforderlichen Qualitätssicherungsmaßnahmen) sowie die Erstellung des daraus resultierenden ärztlichen
Befunds."
Nach dem zuvor Gesagten sind dementsprechend alle Leistungen der Abschnitte M III und M IV nach den
Regeln der persönlichen Leistungserbringung vom Arzt selbst oder unter seiner Aufsicht nach seiner fachlichen
Weisung auszuführen, wenn eine Delegation der Leistungsausführung nach den Regeln der ärztlichen Kunst
zulässig ist, was bei der Mehrzahl der Leistungen des Abschnitts M III und M IV der Fall sein dürfte.
In solchen Fällen ergibt sich daher gemäß § 4 Abs. 2 Satz 1 GOÄ (1996) die Notwendigkeit, daß der Arzt
grundsätzlich bei allen Schritten der Leistungserstellung persönlich anwesend ist, auch wenn er das Labor
einer Laborgemeinschaft zur eigenen Leistungserbringung in Anspruch nimmt. Während der technischen
Erstellung durch automatisierte Verfahren, welche im Labor ausgeführt werden, ist allerdings die persönliche
Anwesenheit während dieses Teilschritts nicht erforderlich.
Zur Wahrnehmung der "Aufsicht" sind mindestens folgende Voraussetzungen zu erfüllen:
1 Sicherstellung ordnungsgemäßer Probenvorbereitung;
1 die regelmäßige – stichprobenartige – Überprüfung der ordnungsgemäßen Laborgerätewartung und der
Bedienungsabläufe durch das Laborpersonal einschließlich der Durchführung der
Qualitätssicherungsmaßnahmen;
1 die persönliche und nicht nur telefonische Erreichbarkeit innerhalb kurzer Zeit zur Aufklärung von
Problemfällen:
1 die persönliche Überprüfung der Plausibilität der aus einem Untersuchungsmaterial erhobenen Parameter im
Labor nach Abschluß des Untersuchungsganges, um bei auftretenden Zweifeln aus derselben Probe eine weitere
Analyse zeitgerecht durchführen zu können;
1 die unmittelbare Weisungsberechtigung gegeüber dem Laborpersonal;
1 die Dokumentation der Wahrnehmung der Verantwortung.
Ständiger ärztlicher Vertreter bei wahlärztlichen Leistungen
Die Neuregelung in § 4 Abs. 2 Satz 3 sieht vor, daß für die darin genannten Leistungen – Aufnahme- und
Entlassungsuntersuchungen, Visiten etc. – ein Liquidationsrecht nur dann besteht, wenn die
Leistungserbringung durch den Wahlarzt selbst oder durch den vor Abschluß des Wahlarztvertrages dem
Patienten benannten persönlichen ärztlichen Vertreter erfolgt; dieser muß Facharzt desselben Gebietes sein.
Nach § 5 Abs. 5 erfordert die Liquidationsfähigkeit von wahlärztlichen Leistungen im oberen Teil des
Gebührenrahmens ebenfalls entweder die persönliche Leistungserbringung des Wahlarztes oder die Erbringung
durch den vor Abschluß des Wahlarztvertrages dem Patienten benannten ständigen ärztlichen Vertreter. Bei
einer Delegation wahlärztlicher Leistungen auf andere Ärzte ist eine Liquidation nur bis zum Schwellenwert
möglich.
Nach den gesetzlichen Vorgaben ist die Benennung eines ständigen ärztlichen Vertreters bei der Behandlung
eines bestimmten Wahlleistungspatienten erforderlich; ein Wechsel in der Vertretung ist nicht zulässig.
Wenngleich nur ein ständiger ärztlicher Vertreter für den jeweiligen Wahlarztvertrag mit einem
Wahlleistungspatienten benannt werden kann, muß es dennoch möglich sein, aufgrund der funktionalen
Schwerpunktbildung oder Arbeitsteilung einer Krankenhausabteilung ständige ärztliche Vertreter jeweils für
einzelne Funktions- oder Arbeitsbereiche zu haben. Auch insoweit ist jedoch die Benennung eines ständigen
ärztlichen Vertreters vor Abschluß des jeweiligen Wahlarztvertrages erforderlich, da der nachträgliche Wechsel
nicht möglich ist. Bei Ausscheiden eines ständigen ärztlichen Vertreters aus dem bisherigen Tätigkeitsbereich
muß allerdings eine Nachbenennung des Funktionsnachfolgers möglich sein.
Die gleiche Handhabung gilt für die gemäß § 22 Abs. 3 Satz 1 Bundespflegesatzverordnung (BpflVO)
einbezogenen liquidationsberechtigten Krankenhausärzte (Liquidationskette). Auch sie müssen als
Voraussetzung einer zulässigen Delegation an ihren jeweiligen ständigen Vertreter diesen gegenüber dem
Patienten vor Abschluß des Wahlarztvertrages benennen. Es empfiehlt sich deswegen aus Gründen der
Rechtssicherheit, die jeweiligen ständigen ärztlichen Vertreter der leitenden Krankenhausärzte vor der
Inanspruchnahme wahlärztlicher Leistungen – in der Regel im Zusammenhang mit dem
Krankenhausaufnahmevertrag – dem Patienten gegenüber zu benennen.
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