SUPPLEMENT: Reisemagazin
Kaimaninseln: Die Schweiz der Karibik
Dtsch Arztebl 2009; 106(14): [10]


Foto: Cayman Islands Department of Tourism
Es ist ein hektisches Treiben im Bankenviertel von George Town. Ein Gackern und Gockeln. Überall zwischen den Gebäuden streunt Federvieh, in den Grünanlagen und Rabatten, unter Palmen, Hibiskussträuchern und den Bänken, auf denen die Banker in der Mittagspause ihre Sandwiches verdrückt haben. Nach deren Krumen picken die Hühner nun, so emsig, als schwante ihnen, dass auch für sie künftig weniger abfallen könnte.
Willkommen im fünftgrößten Finanzzentrum der Welt. In der „Schweiz der Karibik“, wie die Kaimaninseln zuletzt häufig apostrophiert wurden. Keineswegs in rühmender Absicht. Vielmehr in Anspielung darauf, dass dieses britische Überseegebiet zwischen Kuba und Jamaika als Hort steuerflüchtiger Unternehmen gilt. Als sündige Steueroase, die nach Ansicht der US-Steuerbehörden, des deutschen Finanzministers und des Papstes umgehend „ausgetrocknet“ gehört.
George Town: eher ein Ort des Geldausgebens als des Geldanlegens. Foto: mauritius images
Ihren zweifelhaften Ruf haben die Kaimaninseln freilich nicht ohne Grund. Das Bankgeheimnis ist hier so heilig wie die Finanzaufsicht großzügig. Außerdem gibt es keinerlei Steuern, Unternehmen zahlen lediglich Meldegebühren. Und so kommt es, dass auf den Inseln mit ihren 50 000 Einwohnern heute rund 80 000 Firmen gemeldet sind. Doch kaum eine fristet hier mehr als ein Postfachdasein.
Überhaupt wirkt George Town weniger wie ein Ort des Geldanlegens als einer des Geldausgebens. An der Hafenpromenade reiht sich Geschäft an Geschäft, verzweigen sich schattige Passagen mit weiteren Läden, wo feilgeboten wird, was hier zoll- und steuerfrei zu haben ist: Schmuck, Lederhandtaschen, Kameras, Uhren, überwiegend – dem Ruf der Insel entsprechend – eidgenössischer Fertigung. Auch Kundschaft gibt es reichlich, Touristen, die man an den mitgeführten Einkaufstüten leicht erkennt. Die meisten sind auf der Durchreise. Sie kommen auf dem Seeweg, in Horden, vor allem aus den USA. Ihre Kreuzfahrtschiffe liegen vor George Town vor Anker, vielgeschossige Ungetüme, die alle Gebäude auf Grand Cayman bedrohlich überragen und doch den Wohlstand der Inseln sichern helfen.
Neben den Finanzgeschäften ist es der Fremdenverkehr, von dem die Insulaner heute leben. Notgedrungen, denn die Inseln sind überwiegend sumpfig und landwirtschaftlich kaum nutzbar. Jahrhundertelang hielten die Menschen sich mit Fisch- und Schildkrötenfang über Wasser oder mit dem Drehen von Seilen aus den Blättern der Silberpalme, des Nationalbaums. Erst in den 1970er-Jahren ließen sich erste Banken nieder, entstanden erste Hotels und immer mehr Jobs. Heute verzeichnen die Inseln den höchsten Lebensstandard in der Karibik, das Pro-Kopf-Einkommen ist höher als jenes im Mutterland Großbritannien. Dominik Fehrmann
Auskünfte im Internet unter: www.caymanislands.ky
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