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Internistenkongress: Den ganzen Patienten sehen


Ressortleiterin Medizinreport
Nicht selten werde bei zeitnahem Auftreten unterschiedlicher Krankheitserscheinungen jedes Symptom einzeln behandelt, ohne die oftmals enge Verstrickung zwischen verschiedenen Erkrankungen zu beachten, so Kolloch in Wiesbaden.
Um eine angemessene und kompetente Versorgung von Patienten mit Komorbiditäten zu gewährleisten, müsse der zunehmenden „Fragmentierung des Patienten in sequenzielle Abläufe des Klinikbetriebs entgegen-gearbeitet werden“, mahnte Kolloch. Diagnostische Besonderheiten, Interaktionen mit veränderten Wirkungs- und Nebenwirkungsprofilen von Medikamenten oder modifizierte Zielgrößen bei der Therapie führten nicht selten zu Unschärfen bei einer leitlinienorientierten Behandlung von Patienten mit mehreren Erkrankungen. Solche Komorbiditäten würden in klinischen Studien oft aber nicht berücksichtigt.
Durch die Gesamtwahrnehmung der Symptome würden aber nicht nur die Therapiemöglichkeiten für den Patienten verbessert, sondern auch finanzielle Ressourcen eingespart, da die Diagnostik auf die wesentlichen und erforderlichen Untersuchungen reduziert werde.
Kolloch wies in seiner Eröffnungsrede auch auf die enormen Fortschritte der Inneren Medizin hin, die zu einem kontinuierlichen Anstieg der Lebenserwartung geführt habe. „Heutzutage sind die meisten Menschen im Alter über 65 Jahre gesünder, aktiver und auch in Bezug auf mentale und kognitive Leistungsfähigkeit besser gestellt als frühere Generationen.“ Wesentlicher Motor für diese Entwicklung sei der Rückgang von Herz-Kreislauf-Erkrankungen seit Beginn der 70er-Jahre. „In der Zeit von 1978 bis 2004 hat die Inzidenz der koronaren Herzkrankheit um 62 Prozent abgenommen“, betonte Kolloch. Die Evolution der Medizin beinhalte neben möglichen Vorteilen allerdings auch erhebliche Herausforderungen und ein Konfliktpotenzial für die Gesundheits- und Sozialsysteme der Gesellschaft. In Anlehnung an den renommierten amerikanischen Arzt, Dr. Robert N. Butler, sprach der amtierende DGIM-Präsident von einer „Langlebigkeitsrevolution“, die zahlreiche ungeklärte Fragen mit sich bringe – zum Beispiel: Wie kann die medizinische und soziale Maschinerie besser organisiert werden, um hinzugekommene Lebensjahre mit Lebensqualität auszufüllen? Für die Internisten ist das Ziel nach Angaben ihres Präsidenten gesteckt: Die Erhaltung kognitiver Funktionen und der physischen Mobilität als Kernpunkte für eine altersorientierte Medizin.
Breitenbürger, Wilhelm
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