POLITIK
Gesetzesänderungen: Geringere Qualifikation hilft nicht gegen Pflegekräftemangel


Vielfältiger, als es
manchem scheint,
sind die Anforderungen
an Krankenschwestern
und
Krankenpfleger. Ein
Hauptschulabschluss
reiche nicht aus, meinen
deshalb Experten.
Foto: Superbild
So negativ wie die Studierenden beurteilten nahezu alle Fachleute den Vorschlag. Die Öffnung der Krankenpflegeberufe für Hauptschüler sei „kein Beitrag zur Professionalisierung“, rügte der Deutsche Berufsverband für Pflegeberufe e.V. Die Initiatoren hätten offenbar keine Vorstellung von den intellektuellen Anforderungen in der Pflegeausbildung. Schon heute hätten selbst Schülerinnen und Schüler mit mittlerem Bildungsabschluss häufig Schwierigkeiten, die Ausbildung zu bewältigen.
Mehrere Sachverständige verwiesen zudem darauf, dass geeignete Hauptschüler bereits heute über eine Pflegeassistenzausbildung in das Berufsfeld einsteigen und sich dann weiter ausbilden lassen könnten. „Wir brauchen nicht zusätzliche Bewerber mit geringeren schulischen Voraussetzungen als bisher, sondern bessere Arbeits- und Rahmenbedingungen“, betonte Michael Breuckmann, Vorsitzender des Bundesausschusses der Lehrerinnen und Lehrer für Pflegeberufe e.V.
Wie schon während der Debatte über die AMG-Novelle im Bundesrat waren auch bei der Anhörung die Hausarztverträge nach § 73 b SGB V ein Thema. Bekanntlich hat das Bundessozialgericht entschieden, dass den Patientendaten, die im Rahmen der Abrechnung mit Krankenkassen verwendet werden, ein besonders hoher Schutz zukommt. Kassenvertragspartner wie der Deutsche Hausärzteverband (HÄV) können deshalb in Zukunft nicht ohne Weiteres private Rechenzentren mit den Abrechnungen beauftragen.
Der HÄV-Bundesvorsitzende, Ulrich Weigeldt, schlug deshalb vor, § 73 b um einen Passus zu erweitern. Dieser solle privatwirtschaftliche Abrechnungswege auf der Basis einer schriftlichen Einwilligung der Patienten ermöglichen. Dem Vorschlag widersprach die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV). Es gebe gesicherte Abrechnungswege über die Kassen und die KVen, betonte Rechtsexperte Stefan Gräf. Eine Erweiterung der Abrechnungswege auf Dritte außerhalb des öffentlich-rechtlich organisierten Datenschutzsystems sei nach dem Urteil verfassungsrechtlich nicht vertretbar.
Diagnosemanipulationen: Hürden per Gesetz
Ein weiteres Thema war, dass die Große Koalition offenbar die Versuche einiger Krankenkassen dauerhaft unterbinden will, niedergelassene Ärzte für Diagnosemanipulationen zu gewinnen. Deshalb soll das Bundesversicherungsamt (BVA) weitergehende Kompetenzen zur Überprüfung von Diagnosedaten und Arzneimittelkennzeichen im Rahmen des morbiditätsorientierten Risikostrukturausgleichs erhalten. Zur Begründung heißt es, es bedürfe weiterer Plausibilitätsprüfungen, damit „Datenmeldungen, die nicht den Vorgaben entsprechen, nicht zu erhöhten Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds führen“. Gesundheitsökonom Prof. Dr. Jürgen Wasem kritisierte, der Vorschlag greife zu kurz. Er forderte, dem BVA auch die Einzelfallprüfung von Kassen zu ermöglichen sowie die Kürzung von Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds vorzusehen, falls Vorgaben nicht eingehalten würden.
Zuvor hatte der KBV-Vorstandsvorsitzende, Dr. med. Andreas Köhler, angekündigt, man wolle bis zum 1. Juli 2009 mit den Krankenkassen Codierrichtlinien für den ambulanten Bereich vereinbaren. Köhler räumte ein, dass es „gewisse Probleme mit der Qualität der Codierung“ gebe.
Sabine Rieser
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