

Maria Cecilia Barbet-ta:Änderungsschnei-derei Los Milagros.Roman.S.Fischer Ver-lag,Frankfurt am Main2008,329 Seiten,ge-bunden,19,90 Euro
Bunte Bilderbögen zwischen den einzelnen Kapiteln erregen unsere Fantasie. Dann gibt es Seiten mit mehrspaltigen Texten: Links ermahnt die Mutter ihre Tochter, beschwört den Wert (und die Gefahren) der Jungfräulichkeit. Die zweite Spalte erfüllt grafisch das „tk tk tk tk tk tk tk“ der Nähmaschine der Mutter, das das Gesagte monoton sich wiederholend unerbittlich einhämmert, und in der dritten Spalte tönt aus dem Radio eine Sendung über die abgründigen, unerklärlichen Gefahren des Bermudadreiecks.
Aus solch fantasiereichem Sprach- und Bildgewebe wird die Geschichte gesponnen. Diese ist wie manches andere in dem Roman spiegelbildlich angelegt: Zwei junge Frauen, Mariana und Analía, und zwei Männer. Letztere scheinen schließlich wie bei einem Vexierbild ein und derselbe im Hintergrund bleibende Mann zu sein. Eine Dreieckskonstellation? Das wäre die falsche Spur, es geht nicht um ein Beziehungsdrama, eher um das Janushaftige von Gefühlen und Fantasien der beiden Frauen, die sich in der Änderungsschneiderei begegnen. Analía kommt mit dem Hochzeitskleid ihrer Mutter dorthin, um es für ihre eigene Hochzeit umändern zu lassen. Doch nicht nur das Hochzeitskleid wird geändert, auch die Frauen erleben Wandlungen durch ihre Begegnung, die auch eine Begegnung mit dem rätselhaften Wunder („Los Milagros“) Liebe ist. Oder sind die beiden Frauen nur zwei Seiten ein und derselben Person? Das alles wird wie durch ein Kaleidoskop erblickt, in dem die Bilder kippbildartig zwischen Realität und Fantasie oszillieren.
Ein kunstreiches Lesevergnügen von einer Autorin, die bereits mehrere Preise für ihr geglücktes Wagnis mit der deutschen Sprache erhielt, und von der man sich noch viele Bücher in unserer Sprache wünscht.
Wolfgang Kuhl
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