THEMEN DER ZEIT
Peru: Hightechkrankenhaus in 2.600 Metern Höhe


Fotos: Diospi Suyana
E s erschien zunächst unmöglich: ein Krankenhaus in den Anden zu bauen, ohne Startkapital, nur mithilfe von Spenden. Doch seit fast zwei Jahren läuft nun der Betrieb des Missionskrankenhauses – gebaut für die Quechua-Indianer und die Armen im Süden Perus. Initiator des Projekts ist das deutsche Arztehepaar Dr. med. Martina John und Dr. med. Klaus-Dieter John aus Wiesbaden. Das Krankenhaus heißt Diospi Suyana; der Name kommt aus der Sprache der Quechua und bedeutet „Wir vertrauen auf Gott“.
Die Quechua-Indianer machen etwa 40 Prozent der Bevölkerung Perus aus. Sie leben in den Bergregionen, in denen es kaum Krankenhäuser und Ärzte gibt. Da Medikamente fehlen, bleiben die medizinischen Stützpunkte meist geschlossen, die Krankenschwestern können nur Erste Hilfe leisten.
Europäischer
Standard wie im
Krankenhaus Diospi
Suyana ist sonst nur
in teuren Privatkliniken
anzutreffen.
Die peruanische Regierung hat zwar mittlerweile auch für die Armen des Landes eine kostenfreie Gesundheitsversicherung eingerichtet, allerdings ist das System ai zufolge korrupt: Ärzte verlangen von ihren Patienten trotz Versicherung Gebühren für die Behandlung. Geburtsurkunden werden zum Teil ebenfalls nur gegen Bezahlung ausgestellt. Dabei sind die Identitätspapiere Voraussetzung für die Krankenversicherung. Wer die illegal erhobenen Beträge nicht bezahlen könne, was auf die meisten Bedürftigen zutreffe, werde ignoriert, so Amnesty International.
Der Süden Perus gilt als das Armenhaus des Landes. Hier leben die Menschen vom Anisanbau und verdienen etwa zwei Euro am Tag. Das Trinkwasser wird über offene Kanäle in die Städte transportiert; es ist mit Wurmeiern und Parasiten kontaminiert. Auf den Wochenmärkten herrschen häufig ebenfalls mangelhafte hygienische Verhältnisse. Zudem sind Obst und Gemüse mit Pestiziden belastet.
Die meisten Quechua leben in Lehmhäusern, und nicht alle können sich Fenster und Türen leisten. Die harten Lebensbedingungen leisten Tuberkulose, Hautinfektionen oder Wurmbefall Vorschub. Da es in den Bergen wenig Zukunftsperspektiven gibt, flüchten viele in den Alkohol. Einige suchen in den Slums von Lima ihr Glück – in der Hauptstadt lebt fast ein Viertel der Bevölkerung von Peru.
Arbeiten, wo man
gebraucht wird,
war schon immer
das Ziel von Kinderärztin
Martina
John (l.). Bis zu
100 000 Patienten
jährlich können im
Krankenhaus versorgt
werden.
Doch bevor im Jahr 2005 mit dem Bau begonnen werden konnte, hatte Klaus-Dieter John eine zweijährige Vortragsreise durch Europa, Nord- und Südamerika hinter sich, um Spender und Sponsoren zu überzeugen. Seitdem ist er viel unterwegs. „Ich habe immer Laptop und Beamer dabei“, erzählt John. So könne er auch spontan Spender für das Projekt gewinnen. Bisher seien etwa 5,8 Millionen US-Dollar in Einzelspenden zusammengekommen, mehr als 650 Privatpersonen unterstützten das Projekt monatlich. Aber auch etwa 120 Firmen haben Diospi Suyana mit Sachspenden im Wert von mehr als drei Millionen US-Dollar geholfen, dazu gehört auch eine Satellitenschüssel für Internet- und Telefonverbindungen, deren monatliche Gebühren ebenfalls der Sponsor übernimmt. Dabei war es noch während des Baus der Klinik nicht sicher, ob genug Geld für die Fertigstellung zusammenkommen würde. „Wir haben von der Hand in den Mund gelebt“, sagt Klaus-Dieter John. Aber zu keinem Zeitpunkt habe man sich verschulden wollen.
„Spenden verpflichten“, fügt der Chirurg hinzu. Deshalb seien die Kosten für die Verwaltung niedrig, sie lägen bei nur zehn Prozent.
Diospi Suyana trägt das Spendensiegel der Deutschen Evangelischen Allianz und unterzieht sich freiwillig einer unabhängigen Wirtschaftsprüfung.
Auch in der Politik gab es für Diospi Suyana Unterstützung. So hat die deutsche Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul finanziell beim Transport der Güter aus Deutschland geholfen. Die Ehefrau des peruanischen Präsidenten, Pilar Nores de García, übernahm die Schirmherrschaft für Diospi Suyana. „Seitdem kamen das Baumaterial und die medizinischen Geräte viel schneller durch den Zoll“, erzählt der Chirurg.
"Nichts schreit lauter als die Tat. Wir müssen gar nicht
viel sagen über den Glauben."
Klaus-Dieter John
Insgesamt arbeiten 35 Ehrenamtliche aus dem Ausland und 75 Peruaner im Krankenhaus. Die Ärzte, Krankenschwestern und Techniker aus Europa und Nordamerika kommen als Missionare und bleiben meist für drei Jahre. Sie haben ihre Arbeitsplätze in der Heimat aufgegeben und private Förderkreise aufgebaut. Nur die peruanischen Arbeiter bekommen ortsübliche Gehälter.
Die monatlichen Betriebskosten decken ein internationaler Förderkreis und die Diospi-Suyana-Stiftung. Als gemeinnützige Organisation bekommt das Krankenhaus vom peruanischen Staat die Mehrwertsteuer erstattet. Hinzu kommt eine Eigenbeteiligung der Patienten. Peruanische Sozialarbeiter ermitteln, ob und wie viel jeder Einzelne zahlen kann. So lässt Diospi Suyana den Menschen ihre Würde und fördert zudem den verantwortungsvollen Umgang mit der eigenen Gesundheit, wie die Johns betonen.
Neben dem Krankenhaus haben die Helfer auch ein Amphitheater gebaut. Diospi Suyana will den Menschen von Curahuasi auch kulturell etwas bieten. Für die Kinder hat Martina John einen Kinderklub gegründet, den inzwischen mehr als 300 Kinder jede Woche besuchen. Dort könnten sie spielen und lernen und fühlten sich akzeptiert, sagt die Kinderärztin. „Nichts schreit lauter als die Tat“, da ist sich Klaus-Dieter John sicher. „Wir müssen gar nicht viel sagen über den Glauben, die Menschen verstehen die Botschaft trotzdem.“
Christina Schuster
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