ArchivDeutsches Ärzteblatt PP9/2009Erfahrungsbericht: Kritische Reflexion
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LNSLNS Dieser „Erfahrungsbericht“, nett und ein wenig naiv geschrieben, suggeriert, dass die Psychologischen Psychotherapeuten (PP) selbst Schuld seien an der „Unterversorgung“. Dem möchte ich heftig widersprechen! Der Autor, Herr Leisegang, sieht sich als PTA als „erste(r) Ansprechpartner für potenzielle Patienten“. Wie viel relevante Information geht dadurch seinem „Arbeitgeber“, dem Therapeuten, verloren: das Verhalten Hilfesuchender bei der ersten Kontaktaufnahme ist für mich (PP) diagnostisch, prognostisch und für eine Therapieplanung beziehungsweise Verweisung auf andere Stellen eine unverzichtbare Informationsquelle. Ich möchte auch weder einem Nichtfachmann die Weichenstellung überlassen, ob ein Anrufer ein Beratungsstellen- oder stationärer Fall ist noch von ihm die Patienten „zugeteilt“ bekommen: Mein Riecher, ob „die Chemie stimmen“ könnte, ist seit 30 Jahren geschult!

In Bezug auf Terminmanagement beschreibt Herr Leisegang ein „Einfädelprinzip“ zum Abbau von Wartelisten. Die subtile Aussage ist für mich, dass Kollegen mit halbjährigen Wartezeiten das einfach nicht hinkriegen. . . Zu dieser Anmaßung ist zu sagen, dass sich von meiner Liste (zwei bis vier Monate Wartezeit) in der Tat nur zehn bis 20 Prozent melden; wenn ich bei den Wartenden nachfrage, haben sie häufig bereits einen Platz gefunden – oder es war ein kurzfristiger „Hilfeschrei“: Nicht jede Krise benötigt eine Psychotherapie.

Als besonders infame Unterstellung empfand ich die letzte Aussage des Autors gegen das „Do-it-yourself-Management“ in PP-Praxen: durch einen PTA könne der Therapeut „die bürokratiefreie Zeit mit Therapien und Patienten füllen“. Theoretisch ja, aber ich definiere mich nicht als Therapiemaschine, sondern empfinde zum Beispiel Testauswertung (ich schaue viele auch inhaltlich durch) als diagnostisch et cetera sehr relevant. Oder MDK-LS oder DRV-Anfragen: Diese für das weitere Leben von Klientinnen oft weichenstellenden Beantwortungen möchte ich definitiv keinem Nicht-kollegen überlassen. Das empfinde ich gelinde gesagt als fahrlässig! Ich wünsche dem Kollegen (Dr. Zimmermann) eine kritische Reflexion des Delegierbaren.
Ulrike Quiring-Seibertz, Im Eichholz 8, 38448 Wolfsburg

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