

Aber da grätscht eine schwarze Wolke durch die Verlockungen der Freizeit. Eine fatale Missstimmung macht sich breit, lässt die Lesung einsilbig werden, das Konzert monoton, das Steak verderben. Ich fühle, wie es von mir Besitz ergreift gleich einer Sepsis. Es ist diese schwere Depression, die ich schon kenne, die mich in Jahresabständen erfasst und wie ein Unwetter alle Pläne durchkreuzt, mich in eine tiefe Krise stürzt. Wie ein Novemberregen Trübsal verbreitet, mich stänkern lässt, griesgrämig die gesamte Familie in die Flucht treibend.
Ich brauche dringend Hilfe, hoch professionelle Hilfe, bevor das Wochenende, die Familie, das Konzert, die Lesung ins prognostisch Bedenkliche abgleitet. Hilfe, die mir in dieser Zeit finstersten Übels wohlwollend beisteht. In höchster Verzweiflung rufe ich die Hotline meiner Krankenkasse an und schildere die Symptome meiner annualen psychischen Nöte. Der freundliche Mitarbeiter hört mir bedächtig zu und meint schließlich: „Lassen Sie mich raten. Sie müssen Ihre Einkommensteuer vorbereiten und brauchen eine Bescheinigung über geleistete Zahlungen, stimmt’s?“ – Ach, es ist so wunderschön, wenn es Menschen gibt, die einen verstehen.
Dr. med. Thomas Böhmeke ist niedergelassener Kardiologe in Gladbeck.
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