MEDIZINREPORT
Forschungsförderung mit Schieflage


Eggermont ist auch Präsident der European Cancer Organisation (ECCO), die den von 15 000 Teilnehmern besuchten Kongress zusammen mit der Europäischen Gesellschaft für Medizinische Onkologie (ESMO) ausgerichtet hat. Auf dem Weg zum Ziel einer besseren Versorgung von Krebspatienten hat die ECCO jetzt die Europäische Akademie für Krebswissenschaften gegründet. Sie soll vor allem die Politik beraten, die Interessen der Krebspatienten auf nationaler und europäischer Ebene vertreten und politische Entscheidungen verhindern, die die Onkologie behindern. Um die Forschung besser zu bündeln, haben sich die europäischen Krebszentren vernetzt (Organisation of European Cancer Institutes). Ein Schwerpunkt: multimodale Behandlungskonzepte zu optimieren, die, beginnend mit der Diagnostik, die Besonderheiten des Tumors, aber auch genetische Charakteristika des Patienten mit Einfluss auf Effektivität und Sicherheit einer Therapie berücksichtigen und die Belastbarkeit des Patienten in den Mittelpunkt stellen.
Von einigen Forschern aber wird ein Ungleichgewicht bei der Verteilung öffentlicher Gelder für die Krebsforschung angemahnt: zugunsten der Molekularbiologie und neuer Medikamente. „Der Fokus der staatlich finanzierten Krebsforschung muss sich verschieben hin zu Studien mit Fragestellungen aus der Chirurgie, der Pathologie, der Radiotherapie und der bildgebenden Diagnostik“, forderte Prof. Dr. med. Richard Sullivan (London, Großbritannien). Einer aktuellen Analyse zufolge würden von den 14 Milliarden Euro, die die EU-Länder jährlich aus Staatshaushalten in die Krebsforschung steckten, 74 Prozent für Molekularbiologie und Entwicklung neuer Medikamente ausgegeben. Hier sei eine „absolute Schieflage der Forschungsförderung“ entstanden, auch weil öffentliche Gelder umso reichlicher flössen, je mehr und je rascher ein Forscher publiziere. „Wir haben keinen Mangel an Medikamenten, die es durch die Pipeline in die Klinik schaffen, der Bereich der Wirkstoffforschung ist gesund. Nur drei Prozent der in die Krebsforschung investierten öffentlichen Mittel der EU-Länder werden zum Beispiel in chirurgische Forschung investiert, in Deutschland lediglich 1,2 Prozent. Trotz der methodischen Schwierigkeiten, aussagekräftige Studien in der Chirurgie zu konzipieren – sie sind möglich und notwendig, auch weil Operationen und Radiotherapie global gesehen die wichtigsten Ansätze sind, Malignome zu behandeln“, sagte Sullivan. nsi
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