PHARMA
Phenylketonurie: Erste medikamentöse Therapie ist verfügbar


Eine signifikant erhöhte Phenyl-alanintoleranz und eine verbesserte Stoffwechselkontrolle bei gelockerter Diät sind die Vorteile des ersten Pharmakons zur Behandlung der Phenylketonurie (PKU). Der Wirkstoff Sapropterin (Tetrahydrobiopterin, BH4) steigert bei BH4-stimulierbaren Patienten die Funktion des Enzyms, welches Phenylalanin zu Tyrosin metabolisiert.
Die Phenylketonurie ist eine der häufigsten autosomal-rezessiv vererbten Stoffwechselerkrankungen, von der in Europa etwa 35 000 Personen betroffen sind. Ursächlich sind Mutationen im Gen der Phenylalaninhydroxylase, die eine Akkumulation von Phenylalanin im Serum bewirken. Dies führt bei Kindern zu neurokognitiven und motorischen Schäden, bei Heranwachsenden zu Verhaltensstörungen.
Die Erkrankung erfordert eine lebenslange, konsequente Restriktion von Vollprotein und den Einsatz phenylalaninfreier Supplemente, die relativ teuer sind und Geschmackswünsche offen lassen. Mit zunehmendem Alter lässt die Compliance daher nach. BH4 ist ein notwendiger Kofaktor für das metabolisierende Enzym Phenylalaninhydroxylase. Bei Patienten, die auf BH4 reagieren, sinken bei Einnahme von Sapropterin (Kuvan®) die Serumspiegel von Phenylalanin. Bei milden Formen kann dadurch die Diät erheblich gelockert werden oder sogar entfallen, auch bei stärkeren Formen ist ein klarer Dosis-Wirkungs-Effekt nachgewiesen.
Wie Prof. Dr. med. Friedrich Trefz (Tübingen) ausführte, sank nach sechswöchiger Therapie bei 42 Patienten im Alter von mindestens acht Jahren, die keine strenge Diät hielten, der mittlere Serumspiegel von Phenylalanin um 30 Prozent oder mehr (von 876 um rund 236 µmol/l), in der Placebogruppe blieben die Werte konstant. In einer zweiten Studie mit 46 Kindern im Alter zwischen vier und zwölf Jahren, die ihre Diät einhielten, wurde die Proteinzufuhr unter Sapropterin an den Serumwert angepasst. Nach zehn Wochen konnten die Kinder täglich im Mittel 17,5 mg/kg Körpergewicht mehr Phenylalanin zu sich nehmen.
Wirkung und Sicherheit über 22 Wochen belegt
Eine offene Anschlussstudie mit 80 Patienten der ersten Gruppe belegt den langfristigen Effekt (Senkung der Blutspiegel um rund 200 µmol/l Phenylalanin) und dokumentiert die Sicherheit von Tagesdosen zwischen 5 und 20 mg/kg über 22 Wochen. Es traten keine schwerwiegenden Nebenwirkungen auf, am häufigsten waren Kopfschmerzen und Atemwegsinfekte.
Da unterschiedliche Mutationen im Enzym vorkommen, ist in allen Fällen eine Dosistitration notwendig. Die besten Ergebnisse werden laut Trefz bei milden Formen (< 600 µmol/l Phenylalanin) erreicht. Kinder, die normalerweise täglich nur 200 bis 300 mg Phenyl-alanin aufnehmen dürfen, tolerieren unter dem Pharmakon dann rund die dreifache Menge.
Grundbedingung für eine wirksame Behandlung ist jedoch ein funktionelles Enzym, anderenfalls ist auch mit Sapropterin keine Stimulation möglich. Langfristig gelingt es deshalb nur bei jedem fünften PKU-Patienten, die Serumspiegel mit diesem Medikament zu senken.
Dr. rer. nat. Renate Leinmüller
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