POLITIK
Krankenkassenfusionen: Weniger Kosten, mehr Macht


Die Meldungen über Kassenfusionen reißen nicht ab. Ende 2008 schloss sich die Techniker-Krankenkasse mit der IKK-Direkt zusammen und wurde damit Deutschlands größte Krankenkasse mit 7,1 Millionen Versicherten. Im Juli 2006 hatte bereits die AOK Rheinland mit der AOK Hamburg fusioniert, demnächst soll noch die AOK Westfalen-Lippe dazukommen. Kleinere Anbieter hätten keine Überlebenschancen, heißt es allenthalben zur Erklärung für die „Fusionitis“. Eine Kasse könne teure Einzelfälle einfach besser ausgleichen, wenn sie viele Versicherte habe, erklärt Doris Pfeiffer, Vorsitzende des Spitzenverbands Bund der Krankenkassen.
Am 1. Januar 2010 wird nun die Barmer mit der Gmünder Ersatzkasse zusammengehen. Mit der Fusion vertreten die beiden Kassen rund 8,6 Millionen Versicherte und schieben sich auf Platz eins der größten Krankenkassen. Die Zahl der Krankenkassen sinkt damit weiter (siehe Grafik). Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt hatte kürzlich noch prognostiziert, dass es im nächsten Jahr weniger als 100 Kassen geben könnte.
Quelle: AOK Mediendienst
Allerdings bringen die „Großkassen“ nicht nur mehr Drohpotenzial in die Verhandlungen ein, sondern auch mehr Know-how. Die meisten verfügen über viele Fachkräfte mit reichhaltigen Erfahrungen in der Vertragsgestaltung. Von Bedeutung sind solche Konstellationen insbesondere bei Verträgen, die, wie zur integrierten Versorgung oder zur hausarztzentrierten Versorgung, außerhalb der Kollektivverträge geschlossen werden. „Größere Kassen ermöglichen flächendeckende Verträge, die auch über Ländergrenzen hinausgehen“, sagt Manfred King, Pressesprecher des Deutschen Hausärzteverbandes. Er sieht die Fusionen eher positiv, aus ihnen resultierten Einsparungen bei administrativen Tätigkeiten.
Für die Krankenhäuser ergeben sich durch die jüngste Fusion Vorteile, weil nun knapp jeder achte Patient ein Barmer-GEK-Versicherter ist. Da sie direkt mit den Kassen abrechnen, erleichtert der Zusammenschluss die Arbeit. Marktmacht ist hier weniger ein Thema, weil es im stationären Bereich (noch) keine Selektivverträge gibt.
Auch Patienten erhoffen sich Vorteile durch die Fusionen. Denn eingesparte Verwaltungskosten können potenziell in Prämienzahlungen investiert werden – oder zumindest Zusatzbeiträge verhindern.
Aber die kleinen Kassen wollen nicht kampflos das Feld räumen. Dass diese sich auch künftig gut im Wettbewerb behaupten, hat sich etwa das Unternehmen GWQ-Service-Plus AG zum Ziel gesetzt. Die Gesellschaft für Wirtschaftlichkeit und Qualität bei Krankenkassen repräsentiert 17 Betriebskrankenkassen mit rund vier Millionen Versicherten bei Vertragsverhandlungen. Durch Einkaufszusammenschlüsse und eine gemeinsame Vertragspolitik bei Rabattverträgen mit Arzneimittelherstellern gewinnen die beteiligten Kassen an Macht und gleichen so Größennachteile aus.
Laura Menzler
Grafik
Quelle: AOK Mediendienst
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