MEDIZIN: Diskussion
Fibromyalgiesyndrom – Klassifikation, Diagnose und Behandlungsstrategien: Komplex und heterogen
Fibromyalgia Syndrome—Classification, Diagnosis, and Treatment: Complex and Heterogeneous


Nach den Pionierarbeiten von Wolfgang Müller und Kollegen ist die von ihm 1976 so bezeichnete „generalisierte Tendomyopathie“ (synonym Fibromyalgie) in Entstehung (meist aus primär monolokulären Schmerzsyndromen heraus) und Verlauf sehr verschiedenartig (1). Meine persönlichen Beobachtungen an rund 1 000 Fibromyalgiepatienten bestätigen diese kennerschaftliche Aussage voll und ganz, wobei die Vielschichtigkeit mit Beeinträchtigungen und Komplikationen im Verlauf offenbar zunimmt. Diese Gegebenheiten schränken den Wert allgemeiner, sogenannter nomothetischer Aussagen ein und fordern die besondere Beachtung individueller, teils einzigartiger Besonderheiten. Die gründliche Erhebung von Anamnese und Biographie ist dabei der Königsweg zum subjektiven Erleben.
Hier ist das von Klaus Mainzer geforderte, in vielen Gebieten außerhalb der Medizin bereits eingeführte „Denken in Komplexität“ (2) aufschlussreicher für Erklärung und Verständnis als das Bemühen um die Identifikation der „Ursache-Wirkungs-Relation“, zumal verschiedenartige pathophysiologische Veränderungen und psychopathologische Befunde nachgewiesen worden sind. Dabei lassen sich meines Erachtens durchgehend nur Wahrscheinlichkeitsbeziehungen in zirkulärer Kausalität und keine linearen, determinierten Reiz-Reaktions-Verknüpfungen erkennen (3).
Ein einfacher, ergänzender Hinweis zur Behandlung: Fast immer wird von den Betroffenen der Einfluss von Wärme positiv, der von Kälte und Nässe negativ geschildert. Das bedeutet nicht unbedingt „Spa-Therapie“, sondern heiße Dusche oder warmes Bad, nicht die Verordnung von Fango, sondern die Anwendung von Wärmepacks aus der Mikrowelle. Wärme ist hier offenbar (evident) nützlicher als das signifikant, doch selten überzeugend wirksame Amitriptylin mit seiner Gewichtsförderung.
DOI: 10.3238/arztebl.2009.0728b
PD Dr. med. Roland Wörz
Friedrichstraße 7, 76669 Bad Schönborn
E-Mail: woerz.roland@t-online.de
Interessenkonflikt
Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.
1.
Müller W (Hrsg): Generalisierte Tendomyopathie (Fibromyalgie). Darmstadt: Steinkopff Verlag 1991.
2.
Mainzer K: Thinking in complexity. The complex dynamics of matter, mind and mankind. 3. Aufl. Heidelberg, Berlin: Springer 1997.
3.
Wörz R: Die multidimensionale, nonlineare Schmerzkonzeption. Ein breiter Ansatz für Erklärung und Verständnis komplexer Schmerzsyndrome. Fortschr Med 2001; 119: 129–33. MEDLINE
4.
Häuser W, Eich W, Herrmann M, Nutzinger D, Schiltenwolf M, Henningsen P: Fibromyalgia syndrome — classification, diagnosis, and treatment [Fibromyalgiesyndrom: Klassifikation, Diagnose und Behandlungsstrategien], Dtsch Arztebl Int 2009; 106(23): 383–91. VOLLTEXT
1. | Müller W (Hrsg): Generalisierte Tendomyopathie (Fibromyalgie). Darmstadt: Steinkopff Verlag 1991. |
2. | Mainzer K: Thinking in complexity. The complex dynamics of matter, mind and mankind. 3. Aufl. Heidelberg, Berlin: Springer 1997. |
3. | Wörz R: Die multidimensionale, nonlineare Schmerzkonzeption. Ein breiter Ansatz für Erklärung und Verständnis komplexer Schmerzsyndrome. Fortschr Med 2001; 119: 129–33. MEDLINE |
4. | Häuser W, Eich W, Herrmann M, Nutzinger D, Schiltenwolf M, Henningsen P: Fibromyalgia syndrome — classification, diagnosis, and treatment [Fibromyalgiesyndrom: Klassifikation, Diagnose und Behandlungsstrategien], Dtsch Arztebl Int 2009; 106(23): 383–91. VOLLTEXT |
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