

Es ist sicherlich, das macht der Beitrag von Petermann zur dissoziativen Identitätsstörung deutlich, nicht nur einfach ein Mangel an Wollen, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, sondern es fehlen gut und klar vermittelte Konzepte. Das bietet Platz für reichlich Irrtümer und Missverständnisse. Die Schuld hierfür ist aber nicht nur auf Seite der Forensiker zu suchen, sondern aufseiten der Therapeuten ebenso. So ist es sicher nicht hilfreich, wenn aus einer Fragebogenaktion zur rituellen Gewalt, die keinerlei wissenschaftliche Beweiskraft hat, eine Studie wird. Petermann beklagt zu Recht, man habe keine Kriterien, aufgrund derer die Therapeuten jeweils die Glaubhaftigkeit von Vorträgen zu erinnerter Gewalt als glaubhaft einstufen, und – aus Praktikersicht – dazu, wie diese Erkenntnisse vorgetragen und gewonnen wurden. Es gibt mittlerweile eine Fülle gut dokumentierter Studien zur Dissoziation, auch zur dissoziativen Identitätsstörung aus der Neurobiologie, aber diese sind eben den Forensikern nicht zur Verfügung gestellt worden.
Dieses Buch ist ein Muss für Therapeuten und forensische Praktiker. Es zeigt, welcher Weg zu gehen ist, wenn man noch einen besseren Opferschutz gewährleisten will. Zudem wird nüchtern und sachlich dargestellt, dass die jetzige juristische Praxis und die gegenwärtigen Bedingungen von Glaubhaftigkeitsverfahren nicht geeignet sind, um Opfern extremer Gewalt juristisch Gerechtigkeit widerfahren zu lassen. Beide Seiten (Justiz wie Therapeuten) müssen noch einen langen Weg zurücklegen, um hier andere Möglichkeiten zu schaffen. Der Band ist empfehlenswert, auch wenn er sicherlich eine bedrückende juristische Wirklichkeit abbildet. Gaby Breitenbach
Luise Greuel, Axel Petermann (Hrsg.): Macht – Familie – Gewalt (?). Pabst Science Publishers, Lengerich u. a. 2009, 212 Seiten, kartoniert, 20 Euro
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