ArchivDeutsches Ärzteblatt46/2009Erfolgreiche Gentherapie bei ZNS-Erkrankung

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Erfolgreiche Gentherapie bei ZNS-Erkrankung

Zylka-Menhorn, Vera

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Jedes Jahr sterben 1,8 Millionen Kinder an einer Lungenentzündung. Foto: picture-alliance/Godong
Jedes Jahr sterben 1,8 Millionen Kinder an einer Lungenentzündung. Foto: picture-alliance/Godong
Zwei Kinder mit der X-chromosomal-rezessiv vererbten und letal verlaufenden Nervenkrankheit Adrenoleukodystrophie (ALD) konnten jetzt erstmals erfolgreich gentherapeutisch behandelt werden werden. Ärzte im Hôpital Saint Vincent de Paul in Paris reparierten den Gendefekt in den Blutstammzellen der Kinder und setzten dabei als Gentransporter erstmals inaktivierte Viren aus der HIV-Familie ein (Science 2009; 326: 818–23). Bei ALD wird das isolierende Myelin im Gehirn zerstört, was einen schnellen körperlichen und geistigen Verfall bewirkt und schließlich zum Tod führt.

Ursache ist die Mutation eines Gens, das ein Transportprotein der Zellmembran codiert. Die einzige bisher verfügbare Therapie ist eine Übertragung von Blutstammzellen gesunder Spender. Nicht immer jedoch werden Personen mit den passenden Gewebemerkmalen gefunden, außerdem kommt es oft zu einer Transplantatabstoßung und anderen Komplikationen.

Nathalie Cartier und Patrick Aubourg entnahmen zwei siebenjährigen Jungen, die beide den für ALD verantwortlichen Gendefekt tragen, Stammzellen aus dem Knochenmark. Diese Blutstammzellen wurden in der Kulturschale mit dem intakten Gen ausgestattet und den beiden Kindern zurücktransplantiert. Da der Effekt dieser Gentherapie jahrelang anhalten soll, mussten als Gentransporter Viren verwendet werden, die ihr Erbgut fest in das Genom der Zelle einbauen. Dafür wurde erstmals eine inaktivierte Form von HIV eingesetzt, das sehr gut Zellen infiziert, die sich nicht teilen.

Christof von Kalle und Manfred Schmidt aus dem Deutschen Krebsforschungszentrum und dem Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Heidelberg überwachten die Sicherheit der Behandlungsform. Denn der Einbau des Viruserbguts in die DNA ist ein kritischer Schritt; je nach Position können etwa Krebsgene dauerhaft aktiviert werden. „Bei einer früheren Gentherapie war genau das geschehen“, erklärt von Kalle. „Daher mussten wir bei den beiden ALD-Patienten mithilfe neuer technischer Verfahren in regelmäßigen Abständen überprüfen, ob das Virus einen bleibenden Schaden in den Blutstammzellen angerichtet hat, der später zu Komplikationen führen kann.“

Den beiden behandelten Kindern geht es gut: Einige Monate nach der Zellübertragung stoppte der Myelinabbau im Zentralnervensystem; körperliche und geistige Beeinträchtigungen traten bis 14 beziehungsweise 16 Monate nach der Zellübertragung nicht auf, auch gab es kaum unerwünschte Nebenwirkungen. Zyl

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