

Die chronische Herzinsuffizienz hat bei Personen
über 45 Jahren eine Prävalenz von 3,1 Prozent.
Foto: mauritius images
über 45 Jahren eine Prävalenz von 3,1 Prozent.
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Vor diesem Hintergrund ist jede therapeutische Innovation willkommen. Bei Betrachtung des derzeitigen pharmakologischen Armamentariums fällt auf, dass die erfolgreichsten Optionen – ACE-Hemmer, Betablocker, Aldosteron-Rezeptorantagonisten, Diuretika – ihren Hauptansatzpunkt nicht primär am Herzen haben, sondern vielmehr hemmend in neurohumorale Kompensationen eingreifen. Um die Prognose von Herzinsuffizienzpatienten zu verbessern, werden nach Angaben von Prof. Dr. med. Thomas Eschenhagen (Hamburg) in der Forschung derzeit auch andere Wege verfolgt – mit Fokus zum einen auf das Myokard und zum anderen auf die Niere.
Inzwischen gibt es einige vielversprechende Entwicklungen, die direkt auf die Herzmuskulatur zielen. Levosimendan und andere Myosin-Aktivatoren steigern über verschiedene Mechanismen die Kraft der Myofilamente. Istaroxim wirkt positiv inotrop, stimuliert aber zusätzlich die Kalzium-ATPase des sarkoplasmatischen Retikulums. Ranolazin und JTV519 zielen spezifisch auf erst kürzlich identifizierte Kernprobleme der erkrankten Herzmuskelzelle, nämlich den vermehrten späten Natriumeinstrom und die erhöhte Bereitschaft des Ryanodinrezeptors zur Freisetzung von Kalzium im sarkoplasmatischen Retikulum.
Tubuläre Rückresorption von Natrium wird gehemmt
Für nicht weniger aussichtsreich hält Eschenhagen neue Wirkstoffe, die primär an der Niere ansetzen. Bereits in den USA – allerdings mit Auflagen – zugelassen sind Neseritid (rekombinantes B-Typ natriuretisches Peptid) und Tolvaptan (Vasopressin V2-Rezeptorantagonist). Noch in der Phase III der klinischen Entwicklung ist mit Rolofyllin (KW 3902) der erste selektive Adenosin-A1-Rezeptorantagonist.
Die Substanz greife in den glomerulotubulären Feedback-Mechanismus ein und hemme die adenosinvermittelte Verengung des Vas afferens, erläuterte Eschenhagen das Wirkprinzip von Rolofyllin. Zusätzlich werde die adenosinvermittelte Rückresorption von Natrium im proximalen und distalen Tubulus gehemmt. Daraus resultiere eine gesteigerte glomeruläre Filtrationsrate und Diurese. Dass der vermutete Wirkmechanismus tatsächlich funktioniert, hat Rolofyllin inzwischen in mehreren Studien bei Patienten mit akuter Herzinsuffizienz und Nierenfunktionsstörung unter Beweis gestellt.
Für eine Phase-III-Studie mit dem Akronym PROTECT* sei die Rekrutierung der 2 000 Patienten mit akuter Herzinsuffizienz und mäßig eingeschränkter Nierenfunktion abgeschlossen, berichtete Prof. Dr. med. Christian Hengstenberg (Regensburg). Beim Design habe man sich auf die richtungsweisenden Ergebnisse der PROTECT-Pilotstudie stützen können. Teilgenommen hatten 301 Patienten mit akuter Herzinsuffizienz und leichter Niereninsuffizienz (Kreatininclearance von durchschnittlich 50 ml/min). Die Randomisierung zu Rolofyllin oder Placebo war innerhalb von 24 Stunden nach Klinikeinweisung erfolgt.
Die Studienmedikation wurde an drei konsekutiven Tagen über jeweils vier Stunden infundiert. Neben den bereits bekannten Akutwirkungen (Erholung der Nierenfunktion und Verbesserung der Diurese) wurden unter dem Adenosin A1-Rezeptorantagonisten (30 mg/Tag) eine im Vergleich zu Placebo stärkere Abnahme der Dyspnoe am zweiten und dritten Behandlungstag sowie weniger Todesfälle und seltenere Rehospitalisierungen im Verlauf der nächsten zwei Monate dokumentiert.
Gabriele Blaeser-Kiel
37. MSD-Diskussion „Herzinsuffizienz – eine Herausforderung an Forschung und Therapie“ beim 115. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden
* PROTECT = A Placebo-Controlled Randomized Study of the Selective A1 Adenosine Receptor Antagonist KW-3 902 for Patients Hospitalized with Acute HF and Volume Overload to Assess Treatment Effect on Congestion and Renal FuncTion
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