KUNST + PSYCHE
Bildtexte/Textbilder: Timm Ulrichs – Signifikat & Signifikant


Einen entgegengesetzten Weg beschritt Timm Ulrichs. Er ließ ein Kästchen bauen, gerade groß genug, um eine reale Pfeife darin unterzubringen. Sie sieht der Pfeife auf dem Gemälde von René Magritte zum Verwechseln ähnlich. Die typische Reihenfolge von einem Objekt und seinem Abbild wird auf den Kopf gestellt. Dies könnte nun sowohl Ausdruck der Freude sein („Genau solch eine Pfeife würde ich gern rauchen!“) als auch einer Banalisierung: Die Situation erinnert auf einmal an die unzähligen bebilderten Angebote, die tagtäglich auf uns einstürmen und uns mit verlockenden Bildern zum Kauf der abgebildeten Objekte verführen wollen. Aber Timm Ulrichs wäre nicht er selbst, wenn er es dabei bewenden lassen würde. Im Unterschied zu Jîrí Kolář, der eine Postkartenabbildung für seine Collagen verwendete, hat Ulrichs das Originalgemälde des tschechischen Künstlers durch einen Zusatz verfremdet. Das im Innendeckel des Kastens eingeklebte Foto trägt den Satz „Ceci n’est pas une pipe de Magritte“. Wir können zwar versuchen, dem Originalobjekt nahezukommen – aber es ist und bleibt nur der Ersatz. Dies erscheint wie eine Illustration des bekannten Satzes von Paul Ricœur: „Der Weg der Realität ist mit verlorenen Objekten gesäumt“. Hartmut Kraft
Biografie Timm Ulrichs
Geboren 1940 in Berlin. 1959–1966 Architekturstudium in Hannover. 1961 Gründung der „Werbezentrale für Totalkunst und Banalismus“.
Interdisziplinäre Arbeit mit Texten, Objekten, Druckgrafik. 1961/1965 Selbstausstellung seiner Person als Gesamtkunstwerk. 1972–2005 Professor an der Kunstakademie Münster. Lebt in Hannover.
Literatur
Holtmann H (Hrsg.): Timm Ulrichs. Retrospektive 1960–1975.
Kunstverein Braunschweig und andere. 1975–1976.
Ricœur P: Die Interpretation. Ein Versuch über Freud. Suhrkamp,
Frankfurt 1965.
T. U.: Totalkunst. Städtische Galerie, Lüdenscheid 1980.
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