VARIA: Technik für den Arzt
SQUID - Herzströme im Magnetfeld


Funktionsweise
In den achtziger Jahren entbrannte dann ein Wettlauf auf der Suche nach neuen supraleitenden Materialien,
ausgelöst durch die Entdeckung der Hochtemperatursupraleiter. Bestimmte keramische Werkstoffe zeigen die
Supraleitung schon bei höheren Temperaturen. Als Kühlmittel reicht hier der flüssige Stickstoff. Mit einer
Temperatur von minus 196 Grad Celsius kann eigentlich von "Hochtemperatur" keine Rede sein, aber die
notwendige Kühlung wurde damit viel einfacher und kostengünstiger.
Einer breiteren Anwendung von Supraleitern stand nun nichts mehr im Weg: mit ihnen lassen sich
Fernleitungen für den verlustfreien Stromtransport bauen, extrem starke Magnete oder
hochempfindliche Magnetfeldsensoren, die SQUID, konstruieren. Der eigentliche SQUID-Sensor ist gerade so
groß wie ein Fingernagel und besteht aus einem Ring aus supraleitendem Material. Sobald er auf die niedrige
Temperatur abgekühlt ist, kann in ihm der elektrische Strom ohne Widerstand, das heißt frei von
Energieverlusten, kreisen. Mit diesen Systemen lassen sich Magnetfeldänderungen detektieren, die nur den
hundertmillionstel Teil des Erdmagnetfeldes betragen - gerade noch ausreichend, um die schwachen
Herzströme zu registrieren.
Obwohl die Hochtemperatur-SQUID um eine Größenordnung weniger empfindlich sind, erzielen sie in der
Diagnostik die gleichen Ergebnisse wie die Tieftemperatur-SQUID. Dies zeigte eine Untersuchung der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt in Berlin an einer Gruppe von 50 Personen, die an
Herzrhythmusstörungen litten.
Den Testern gelang es mit Hilfe des Magnetokardiogramms, Patienten mit Herzrhythmusstörungen besser von
den Gesunden zu unterscheiden als mit dem parallel aufgezeichneten Elektrokardiogramm. Das
Magnetokardiogramm enthält offensichtlich mehr Informationen als das EKG. Diesen zusätzlichen
Informationsgehalt in den Magnetokardiogrammen wollen die Jülicher Wissenschaftler nun nutzen, um eine
bessere Methode für die Risikoabschätzung beim plötzlichen Herztod zu entwickeln, denn bei der Hälfte der
Patienten, die an einem plötzlichen Herztod sterben, gibt es vorher keine Anzeichen dafür.
Entwicklungen für die Zukunft
Neben den Herzströmen lassen sich mit den SQUID auch Hirnströme detektieren. Der Magnetsensor scheint
dabei in der Lage zu sein, die epileptogenen Zonen bei der fokalen Epilepsie aufzuspüren.
Als nichtinvasives Verfahren bietet die SQUID-Technik eine Reihe von interessanten
Anwendungsmöglichkeiten. Zur Zeit denkt man in Jülich darüber nach, wie die Magnetokardiographie noch
bei anderen Herzkrankheiten, zum Beispiel dem Wolff-Parkinson-White-Syndrom, hilfreich sein kann.
Dr. rer. nat. Lisa Kempe