

Wenn solide Tumoren Metastasen in das Knochengewebe abgesiedelt haben, sind sie in der Regel nicht mehr heilbar. Lediglich 20 Prozent der Mammakarzinom-Patientinnen leben nach der Diagnose „Knochenmetastasen“ noch fünf Jahre. Diese Metastasenform kann unterschiedliche Auswirkungen haben: das Rückenmark komprimieren und Schmerzen oder Frakturen verursachen, die strahlentherapeutisch respektive operativ behandelt werden müssen. Solche skelettbezogenen Ereignisse (SRE) gelten als medizinisch schwere Komplikationen, deren Behandlung außerdem kostenintensiv ist.
„Circa 80 Prozent der Frauen mit einem fortgeschrittenen Mammakarzinom entwickeln Knochenmetastasen“, berichtete Prof. Dr. med. Alison Stopeck vom Krebszentrum an der University of Arizona in Tuscon, USA, beim europäischen Kongress der klinischen Onkologen in Berlin. „Die Lebensqualität der betroffenen Frauen wird dadurch erheblich vermindert.“
Osteoklastenhemmung durch Denosumab
Der Knochenabbau wird vermittelt durch Osteoklasten, welche für ihre Differenzierung und ihre Funk-tion beim Knochenabbau das Protein RANK-L (Receptor Activator des NF-κB-Liganden) benötigen. Krebszellen induzieren verstärkt die RANK-L-Expression. Der in klinischer Erprobung befindliche humanisierte monoklonale Antikörper Denosumab bindet selektiv an RANK-L und wirkt damit dem überschießenden Knochenabbau entgegen.
Denosumab wirkt auf diese Weise bei skelettbezogenen Ereignissen durch Metastasen mindestens so effektiv dem Knochenabbau entgegen wie das Bisphosphonat Zoledronsäure, wie mehrere aktuelle Studien belegen. Darunter ist eine Kopf-an-Kopf-Phase-III-Studie mit 2 046 Patientinnen, die an fortgeschrittenem Brustkrebs litten (durchschnittliches Alter: 56 Jahre; ein Prozent männlich).
Die Studienteilnehmer wurden randomisiert in eine Gruppe, die 120 mg Denosumab subkutan alle vier Wochen erhielt, und eine weitere Gruppe, der im selben Zeitabstand jeweils 4 mg Zoledronsäure intravenös infundiert wurde. Für beide Arme gab es jeweils eine Kontrollgruppe (Placebo subkutan oder intravenös). Primärer Endpunkt war die Wirksamkeit der Substanzen in Bezug auf das erste SRE während der Studie. Diese lief über 34 Monate (Abstract 2LBA unter www.ecco.org; Abstracts ECCO15/ESMO34).
Die mediane Zeit bis zum Auftreten des ersten SRE betrug 26,5 Monate unter der Bisphosphonat-behandlung, in der mit dem Antikörper behandelten Patientengruppe wurde dieser Endpunkt im Zeitraum der Studie gar nicht erreicht (Hazard Ratio = 0,82). Der kombinierte Endpunkt aus der medianen Zeit bis zum Auftreten des ersten SRE plus Hyperkalziämie wurde in der Zoledronsäure-Gruppe nach 25,2 Monaten erreicht, in der Denosumab-Gruppe ließ er sich dagegen bei Studienende noch nicht abschätzen. Die durchschnittliche Zeit bis zu einer Verstärkung der Knochenschmerzen betrug 88 Tage bei Antikörperbehandlung und 64 Tage unter der Standardtherapie mit Zoledronsäure. „Im Gesamtüberleben gab es keine statistisch signifikanten Unterschiede“, so Stopeck.
Die Rate der schweren medikamentenbezogenen unerwünschten Ereignisse war in den Studienarmen vergleichbar, zum Beispiel Osteonekrosen des Kiefers (zwei Prozent unter Denosumab und 1,4 Prozent unter Zoledronat) oder Nierenschädigungen (4,9 Prozent Denosumab, 8,45 Prozent unter Zoledronat).
Auch bei anderen soliden Tumoren in fortgeschrittenen Stadien (Lungenkrebs) oder bei hämatologischen Malignomen wie dem multiplen Myelom verzögert Denosumab mindestens so effektiv wie Zoledronsäure die klinisch-symptomatische Manifestation von Knochenmetastasen.
Unterschiede im Spektrum unerwünschter Wirkungen
Das ergab eine doppelblinde randomisierte klinische Studie mit 1 776 Patienten (Abstract 20LBA). Ziel der Studie war es, die Nichtunterlegenheit von Denosumab gegenüber Zoledronsäure zu belegen. Es ergab sich im primären Endpunkt (mittlere Zeit bis zum ersten SRE) ein leichter, wenn auch nicht statistisch signifikanter Unterschied zugunsten des Antikörpers: 20,6 versus 16,3 Monate. Das Gesamtüberleben war vergleichbar in beiden Gruppen, ebenso Qualität und Rate der schweren unerwünschten Ereignisse wie Kieferosteonekrose (1,1 Prozent unter Denosumab, 1,3 Prozent unter Zoledronsäure).
„Zoledronsäure und Denosumab unterscheiden sich jedoch in Bezug auf die weniger schweren unerwünschten Wirkungen“, erläutert Stopeck. Knochenschmerzen, Arthralgien, Schüttelfrost und leichte Anämien träten häufiger unter Zoledronsäure auf, Hypokalzämie wiederum häufiger unter Denosumab.
Dr. rer. nat. Nicola Siegmund-Schultze
Media-Workshop von Amgen während des 15. Kongresses der European Cancer Organisation (ECCO) in Berlin