

Wie auch bei meinem diabetischen Patienten, der mühevoll seine überzähligen Kilo in das Sprechzimmer wuchtet. Ich versuche zunächst im Guten, meinen Schutzbefohlenen von den Vorzügen des Normalgewichts zu überzeugen, und gebe alles, was die Wissenschaft zwischen Dtsch Ärztebl Int 2009; 106(40): 641–8 und dem PROCAM-Score zu bieten hat. „Herr Doktor, ach, das sind doch meine schweren Knochen, da kann ich doch nichts für!“ Meine Miene verfinstert sich, die Medizinische Fachangestellte ist besorgt: „Herr Doktor, Ihr Blutdruck!“ Der ist mir egal, ich gehe in die Offensive, drohe mit Herzinfarkt und Schlaganfall. Der Patient meint nur: „Wenn Sie wüssten, was ich esse, davon wird nicht mal eine Krähe satt!“ Mein Blutdruck übersteigt gefühlte 250 mmHg systolisch, die Fachangestellte versucht, mich zu bremsen: „Herr Doktor, Ihr Herz!“ Auch das ist mir gleichgültig, ich male des Patienten Schicksal zwischen Arthro- und Angiopathie in den wüstesten Farben aus, aber es lässt ihn kalt: „Das liegt doch bei mir in den Genen, das ist nun mal so!“ Bevor mein Blutdruck die 300 mmHg systolisch zu überschreiten droht, greift meine verzweifelte Fachangestellte zum allerletzten Mittel: „Herr Doktor, Ihr Regelleistungsvolumen!“ Superb! Denke ich und erkläre dem Patienten, dass er aufgrund seines Übergewichts meinen praxisindividuellen Morbiditätsfaktor derart gesteigert habe, dass ich weder Fallzahlbegrenzung noch Leistungsabstaffelung zu fürchten habe. „Also, Herr Doktor, dass Sie an meinem Übergewicht verdienen, das geht ganz und gar nicht! Ich gehe auf Nulldiät!“ Soll noch einer sagen, das Regelleistungsvolumen würde zu nichts taugen.
Dr. med. Thomas Böhmeke ist niedergelassene Kardiologe in Gladbeck.