ArchivDeutsches Ärzteblatt4/2010Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft: Kulturveranstaltung

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Neujahrsempfang der deutschen Ärzteschaft: Kulturveranstaltung

Osterloh, Falk

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Mehr zutrauen will Gesundheitsminister Rösler den Ärztinnen und Ärzten in Deutschland. Fotos: Georg J. Lopata
Mehr zutrauen will Gesundheitsminister Rösler den Ärztinnen und Ärzten in Deutschland. Fotos: Georg J. Lopata
Wie die Gesundheitsreform der schwarz-gelben Regierung aussehen wird, bleibt weiter im Dunkeln.
Eines machte Bundesgesundheitsminister Philipp Rösler auf dem Neujahrsempfang jedoch deutlich: seinen Respekt für die Arbeit der Ärzte.

Der Termin war gut gewählt. Die Haushaltsdebatte über den Gesundheitsetat war kaum drei Stunden vorüber, da begegneten sich Gesundheitspolitiker und Ärzte auf dem traditionellen Neujahrsempfang von Bundesärztekammer, Kassenärztlicher Bundesvereinigung (KBV), Ärztekammer Berlin und Kassenärztlicher Vereinigung Berlin im glasüberwölbten Wintergarten des Berliner Kaufhaus des Westens (KaDeWe). Zwar wurde auf beiden Veranstaltungen enttäuscht, wer auf substanzielle Ankündigungen zur künftigen Ausgestaltung des deutschen Gesundheitswesens gehofft hatte. So beließ es Rösler im Bundestag dabei, eine Krankenversicherung in Aussicht zu stellen, die trotz demografischen Wandels und medizinisch-technischen Fortschritts auch in Zukunft bezahlbar bleibe. Und Oppositionspolitikerin Elke Ferner (SPD) warf Rösler einmal mehr vor, Klientelpolitik zu betreiben und sich von der Solidarität in der gesetzlichen Krankenversicherung zu verabschieden.
Doch eine Botschaft überbrachte der Minister unmissverständlich: Im Bundesgesundheitsministerium herrscht eine neue Geisteshaltung gegenüber Ärztinnen und Ärzten. „Sie erbringen tagtäglich gute Leistungen und tun es nicht wegen, sondern trotz unseres komplexen, komplizierten und manchmal auch verkorksten Gesundheitssystems“, erklärte er unter dem Applaus der circa 650 geladenen Gäste im KaDeWe. „Wir glauben, dass Sie sehr wohl wissen, was Sie tun. Wir wollen Ihnen mehr zutrauen.“ Und schließlich: „Wir müssen zu einer Mentalitätsänderung kommen. Wir müssen Schluss machen mit der um sich greifenden Kontrollitis. Wir brauchen eine neue Kultur des Vertrauens.“

Ein geteiltes Echo fand Röslers Rede bei Karl Lauterbach (SPD) einer- und BÄK-Vizepräsident Frank Ulrich Montgomery und Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) andererseits.
Ein geteiltes Echo fand Röslers Rede bei Karl Lauterbach (SPD) einer- und BÄK-Vizepräsident Frank Ulrich Montgomery und Birgitt Bender (Bündnis 90/Die Grünen) andererseits.
Drei Gesetze
Einen zeitlichen Rahmen für die Baumaßnahmen im Gesundheitssystem legte der neue stellvertretende Vorsitzende der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für den Bereich Gesundheit, Johannes Singhammer, während seiner Rede im Bundestag fest. „In den nächsten Wochen“ wolle die Regierungskoalition drei neue Gesetze angehen: eines, das sich „die Verbesserung der ärztlichen Versorgung vor allem in den ländlichen Regionen zum Ziel setzt“; ein weiteres soll den Arzneimittelbereich deregulieren, ein drittes die Struktur der Krankenversicherungen regeln. Dabei soll sowohl das Nebeneinander als auch die Abgrenzung zwischen gesetzlicher und privater Krankenversicherung erhalten bleiben. Die Möglichkeiten der Kooperation sollen hingegen bei Zusatzversicherungen gestärkt werden. Zudem kündigte Singhammer an, es werde „2010 voraussichtlich einen Honoraranstieg bei den Ärzten“ geben: „Damit stellen wir sicher, dass die Ärzte für ihre schwierige und verantwortungsvolle Arbeit eine angemessene Honorierung erhalten.“

Ein gemeinsames Ziel
Am Abend betonte Rösler erneut, er sei nicht der Minister für Ärzte. Seine Aufgabe sei es, für ein vernünftiges Gesundheitssystem für 80 Millionen Versicherte zu sorgen. „Und die gute Nachricht ist: In dieser Frage haben wir dasselbe Ziel. Denn es ist auch Ihre Aufgabe, sich um 80 Millionen Versicherte zu kümmern. Das haben Sie bisher hervorragend getan, und bei Ihrer zukünftigen Arbeit werden wir Sie gerne unterstützen.“

An diesem Abend blieben der Minister und seine Staatssekretäre lange im KaDeWe. Nach 100 Tagen im Amt ist es ihnen gelungen, wieder eine neue Gesprächskultur im politischen Miteinander zu begründen. Falk Osterloh

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