ArchivDeutsches Ärzteblatt31-32/1997Krankenhäuser: Medizinische Kompetenz entscheidend

THEMEN DER ZEIT: Aufsätze

Krankenhäuser: Medizinische Kompetenz entscheidend

Clade, Harald

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LNSLNS Die niedergelassenen Ärzte beurteilen die Kompetenz und das Renommee von Krankenhäusern und Klinikärzten anders oder zumindest nach anderen Kriterien als die stationär versorgten Patienten. Für die Ärzte "draußen" ist die kollegiale enge Kooperation mit den Ärzten im Krankenhaus von höchster Bedeutung. Die organisatorischen Infrastrukturen und die Service-Leistungen der Klinik sind für die einweisenden Ärzte nachrangig. Die Krankenhauspatienten messen der medizinischen Versorgung, dem Leistungsangebot und der persönlichen Zuwendung des Klinikpersonals höchste Bedeutung zu. Dies ist das Fazit von zwei sich ergänzenden Untersuchungen.
Der Untersuchung der Aachener Gesellschaft für Rationalisierung mbH (GfR) zum Thema "Patientenzufriedenheit und Zufriedenheit niedergelassener Ärzte mit den Krankenhäusern" zufolge wollen die einweisenden niedergelassenen Ärzte nicht nur umfassend über das Leistungsangebot, die Kompetenz und Leistungstiefe des Krankenhauses informiert werden, sondern auch von den Klinikärzten als kompetente Partner draußen in der Praxis anerkannt und in ihrer arbeitsteiligen Funktion als vorbehandelnder Arzt respektiert werden. Ausschlaggebend für die Akzeptanz der stationären Behandlung ist für den Arzt "draußen" auch, ob und inwieweit der Patientenaustausch zwischen Praxis und Krankenhaus funktioniert, Patientendokumente gegenseitig ausgetauscht und vor allem die Entlassungspapiere oder der Entlassungbericht unverzüglich an den Patienten und an den weiterbehandelnden niedergelassenen Arzt weitergeleitet werden. An zweiter Stelle bei den niedergelassenen Ärzten steht die Einschätzung der medizinischen Kompetenz des Krankenhauses und des Krankenhausfachpersonals, gefolgt von der Einschätzung der persönlichen Betreuung der Patienten im Krankenhaus. Erst an vierter Stelle folgt die Beurteilung und Wertung des Patientenwunsches, beispielsweise in einem bestimmten Krankenhaus versorgt zu werden oder eine bestimmte Infrastruktur vorzufinden oder in einem bestimmten Patientenzimmer untergebracht zu werden.
Eine eher untergeordnete Rolle in der Einschätzung des Krankenhausleistungsangebotes für den einweisenden Arzt ist die Frage des Standortes des Krankenhauses und der Entfernung zum Wohnort des Patienten oder der Arztpraxis, die interne Organisation, die Personalführung der Klinik, die vorgehaltene Hotel- und Serviceleistungen der Krankenhäuser, die Einschätzung der Güte und des Niveaus dieser Angebote von außen. Die einseitige Verbesserung der Service- und Hotelleistungen des Krankenhauses ist aus der Sicht der niedergelassenen Ärzte kaum geeignet, die Attraktivität eines Krankenhauses zu steigern.
Medizinisches Renommee
Für die Krankenhauspatienten rangieren bei den "Zufriedenheitsfaktoren" das medizinische Angebot, die ärztlichen und pflegerischen Versorgungsleistungen, das medizinische Renommee und die Spezialisierung des Krankenhauses weit vorne. Größter Wert wird auch auf ein gutes, persönliches Verhältnis des Patienten zu den Krankenhausärzten, zu den leitenden Klinikkräften, den Pflegern und Schwestern des Krankenhauses gelegt. In der Erwartungshaltung der Patienten spielt aber auch das interne Verhältnis von Ärzten und Pflegekräften eine wichtige Rolle. In der Rangliste der Zufriedenheitsfaktoren bei den Patienten liegt auf dem dritten Platz eine als gut eingeschätzte Organisation (besonders gelobt werden kurze Wartezeiten vor Untersuchungen, Operationen und Behandlungsmaßnahmen) sowie eine angenehme familiäre Atmosphäre des Krankenhauses und patientenzuträgliche Besuchszeiten. Die offenbar geringste Bedeutung in der Bewertungsskala durch den Patienten haben die nichtmedizinischen Serviceleistungen, die bauliche Gestaltung des Krankenhauses und zuweilen auch der Standort der Klinik.
Der Umfrage des Aachener Instituts zufolge sind Patienten, die zwischen 16 und 40 Jahre alt sind, die über einen hohen formalen Bildungsgrad verfügen, die privat versichert sind und zum ersten Mal stationär im Krankenhaus versorgt werden, am schwersten zufriedenzustellen. Umgekehrt erfreut sich das Krankenhaus einer relativ hohen Akzeptanz und einer relativ hohen Zufriedenheit und Anerkennung bei den Patienten, wenn die Patienten älter als 65 Jahre sind, gesetzlich versichert sind, über einen vergleichsweise niedrigen formalen Bildungsgrad verfügen und bereits mehrmals das Krankenhaus von innen erlebt haben, also stationär versorgt wurden.
Entsprechend folgern die Gutachter: Krankenhäuser, die sich auf die verschärfte Wettbewerbssituation einstellen wollen, sollten sich nicht zu sehr auf eine weitere Verbesserung der Service- und Hotelfunktionen konzentrieren, sondern vielmehr auf eine funktionelle Verbesserung und die medizinische sowie personelle Akzeptanz aus der Sicht des Patienten abheben. Dazu zählt mehr qualifiziertes, weitergebildetes und dauerbeschäftigtes Fachpersonal.
Eine bereits 1996 von der Unternehmensberatung Kienbaum Personalberatung GmbH, Hamburg, durchgeführte empirische Studie bestätigt weithin die zitierten Ergebnisse. Nach der Hamburger Studie schätzen sich die Patienten zu hundert Prozent als "Kunden" im Verhältnis zu den Krankenhäusern ein, zu 80 Prozent im Verhältnis zu den einweisenden Ärzten. In vielen Krankenhäusern konzentrierten sich die Marketingmaßnahmen noch auf "traditionelle Kunden". Mit patientenorientierten Strategien würden primär die Servicestruktur ausgebaut und die Qualität der Leistungen im Klinikbereich verbessert. Hierzu zählten die Spezialisierung und die Segmentierung des Leistungsangebotes ebenso wie klinische Baumaßnahmen.
Den Hamburger Erhebungen zufolge würden in selteneren Fällen die Krankenhausbetriebsführungen Wettbewerbsvorteile durch gezielte Imageaufwertung oder durch Personalförderungsmaßnahmen erzielen (nur in zehn Prozent der untersuchten Fälle).
Kienbaum kritisiert darüber hinaus, daß Kooperationen vor allem mit niedergelassenen Ärzten und Krankenhäusern und Verbesserungen im betriebsorganisatorischen Gefüge und im Leistungserstellungsprozeß noch weithin vernachlässigt würden. Bemängelt wird auch die Tatsache, daß eine informationstechnologische Gesamtvernetzung des Krankenhauses noch wenig installiert ist.
Im Personalmanagement müßten Anreizsysteme und flexiblere Entlohnungssysteme installiert werden und die leitenden Klinikmitarbeiter mehr in eine erfolgsorientierte Budgetverantwortung eingebunden werden, um die noch vorherrschende starre BAT-Orientierung leistungsgerecht zu überwinden. Wichtige Aufschlüsse erhoffen sich die Unternehmensberater für das Krankenhausmanagement auch über die vermehrte Installation von verbesserten EDV-gestützten Kosten- und Leistungsrechnungssystemen, von einem erhöhten Transparenzgrad und gezielten modernen Managementmethoden nach dem kooperativen, partizipativen Betriebsführungsstil. Frühzeitig sollten Unwirtschaftlichkeiten ermittelt und abgestellt werden. Fragen der Qualitätssicherung und der Qualitätsverbesserung müßten Priorität erhalten - auch im Zusammenhang mit den neu installierten, leistungsorientier-ten Entgeltsystemen (Fallpauschalen; Sonderentgelte). Dr. Harald Clade

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