SUPPLEMENT: PRAXiS
Gesundheitsinformationen im Internet: Chancen für Patienten und Ärzte
Dtsch Arztebl 2010; 107(15): [6]
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DÄ plus


Die Beziehung zwischen Patient und Arzt verändert sich: von der patriarchalischen Struktur mit unangefochtenen „Anordnungen“ des Arztes hin zu einem gleichberechtigten Miteinander, bei dem mündige Patienten Entscheidungen zur Diagnose und Therapie gemeinsam mit ihrem Arzt treffen. Diese partizipative Entscheidungsfindung (Shared Decision Making, SDM) wird auch in Deutschland zunehmend praktiziert. Die möglichen Vorteile bestehen in einfacheren Gesprächen mit bereits vorinformierten Patienten und vor allem darin, dass Patienten einvernehmlich getroffene Entscheidungen besser akzeptieren und umsetzen. SDM verlangt aber beiden Seiten qualifizierte Informationen ab beziehungsweise die Kompetenz, sich diese zu beschaffen.
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In einer Untersuchung des Psychologischen Instituts der Universität Münster gab weniger als die Hälfte der befragten Ärzte an, häufig bis sehr häufig im Internet zu recherchieren. Ebenso empfahlen nur 25 Prozent der Befragten ihren Patienten Internetseiten, was vermutlich darin begründet ist, dass Ärzte oft keine Kenntnisse über Websites haben, die sich an medizinische Laien richten. Dennoch fanden die Ärzte, dass Internetinformationen die Kommunikation mit ihren Patienten erleichtern und die Mitarbeit bei der therapeutischen Zielerreichung verbessern. In einer US-amerikanischen Untersuchung stimmten zwei Drittel der Patienten und mehr als 90 Prozent der Ärzte darin überein, dass Ärzte ihren Patienten spezifische, medizinische Webseiten empfehlen sollten. Vom Arzt empfohlene Seiten werden als besonders vertrauenswürdig eingeschätzt. In einer europäischen Untersuchung fanden 63 Prozent der befragten Mediziner, dass es wichtig sei, Patienten bei ihrer Internetrecherche unterstützend zur Seite zu stehen.
Auch die befragten Ärzte aus der Münsteraner Studie äußerten mehrheitlich den Wunsch, ihren Patienten qualitativ hochwertige Websites empfehlen zu können. Dabei würden sie am liebsten auf eine zertifizierte Sammlung zurückgreifen. Eine Arbeitsgruppe unter Federführung des Deutschen Netzwerks Evidenzbasierte Medizin will Patienten (und Ärzte) bei der Suche nach zuverlässigen Gesundheitsinformationen unterstützen und hat die „Gute Praxis Gesundheitsinformation“ gegründet. Dieses Bündnis, dem mehr als ein Dutzend Verbände, darunter Krankenkassen, ärztliche Institutionen, Selbsthilfe- und Wissenschaftlergruppen, angehören, hat jetzt ein erstes Positionspapier vorgestellt, das auch Grundsätze für die Bewertung von Gesundheitsinformationen enthält. Weitere Publikationen werden folgen (Kasten 2). Ein gutes Internetangebot wäre nicht nur ein Zeichen von Kompetenz, sondern auch eine Dienstleistung, die das Vertrauensverhältnis der Patienten zu ihrem Arzt steigern und das Gewicht der ärztlichen Empfehlung verstärken kann. Cornelia-C. Schürer-Maly, Horst Vollmar
Anschrift für die Verfasser
Dr. med. Cornelia-C. Schürer, Abt. Allgemeinmedizin Universitätsklinikum Düsseldorf, Moorenstraße 5, 40225 Düsseldorf, E-Mail: cornelia.schuerer@med.uni-duesseldorf.de
Webadressen für evidenzbasierte Patienteninformationen
Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (ÄZQ):
www.patienten-information.de
Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG):
www.gesundheitsinformation.de
Deutsche Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM):
www.degam.de/typo/index.php?id=fertiggestellteleitlinien
Deutsches Netzwerk Evidenzbasierte Medizin:
www.ebm-netzwerk.de/patienten
Websites von Krankenkassen
Qualitätskriterien für Webseiten (für Ärzte und Patienten)
- Interessenneutralität
- Werbefreiheit
- Qualitätssiegel (HON, afgis)
- Gut auffindbares Impressum
- Gut auffindbare Kontaktmöglichkeit
- Aktualität (letztes Update)
- Ausgewogenheit verschiedener Sichtweisen
- Verständliche Sprache (für medizinische Laien)
1.
Diaz J, Sciamanna C, Evangelou E, Stamp M, Tom Ferguson T: Brief Report: What Types of Internet Guidance Do Patients Want from Their Physicians? J Gen Intern Med 2005; 20: 683–685 MEDLINE
2.
Stadler M, Bromme R, Kettler S: Dr. Google – geschätzter Kollege? ZAllg Med 2009; 85(6): 254–59
1. | Diaz J, Sciamanna C, Evangelou E, Stamp M, Tom Ferguson T: Brief Report: What Types of Internet Guidance Do Patients Want from Their Physicians? J Gen Intern Med 2005; 20: 683–685 MEDLINE |
2. | Stadler M, Bromme R, Kettler S: Dr. Google – geschätzter Kollege? ZAllg Med 2009; 85(6): 254–59 |
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