

Die Kinder von psychisch kranken Eltern werden leicht vergessen, obwohl sie häufig selbst Hilfe brauchen. Denn das Leben zusammen mit psychisch Kranken ist für die Kinder und Jugendlichen – ihre Zahl wird auf drei bis vier Millionen geschätzt – mit Unsicherheit, Ängsten und Desorientierung verbunden. Sie leiden unter der sozialen Isolierung durch die Erkrankung, entwickeln Schuld- und Schamgefühle. Ältere Kinder übernehmen häufig die Rolle der Eltern in der Familie und überfordern sich. Zahlreiche Untersuchungen zeigen, dass Kinder von psychisch kranken Eltern ein zwei- bis dreimal so hohes Risiko haben, selbst eine psychische Störung zu entwickeln.
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Kinder schon bei der Aufnahme ansprechen
Bei dem Symposium wurden drei Landesmodellprojekte aus Rheinland-Pfalz vorgestellt, die zwischen 2006 und 2008 erprobt wurden. Dabei war es das Ziel, die Kooperation zwischen der Erwachsenenpsychiatrie und Jugendhilfe zu verbessern. „Auffallend war, dass bei der Aufnahme in psychiatrischen Kliniken nicht routinemäßig nach den Kindern gefragt wird“, kritisierte Elisabeth Schmutz vom Institut für sozialpädagogische Forschung (ISM) e.V. in Mainz, dem Träger des Praxis-forschungsprojekts. Das ISM entwickelte deshalb einen Leitfaden für Aufnahmegespräche, in dem konkret nach der Versorgung der Kinder gefragt wird. Wichtig sei auch, dass Elternschaft zum Thema in der Therapie gemacht werde, betonte Schmutz. Da die betroffenen Familien im Durchschnitt vier Helfer haben, hält sie gemeinsame Fallberatungen zwischen Therapeut, Jugendhilfe und Eingliederungshilfe für unabdingbar.
Paten können betroffene Kinder unterstützen
Auf die Bedeutung einer verlässlichen, emotional stabilen Bezugsperson, eines Paten, wies Katja Beeck vom Berliner Jugendhilfeträger Ambulante Sozialpädagogik Charlottenburg (Amsoc) e.V. hin. „Häufig leben die Kinder mit einer psychisch kranken Mutter allein“, betonte Beeck. Der Verein vermittelt deshalb ehrenamtliche Paten, die in regelmäßigen wöchentlichen Treffs die erkrankten Eltern unterstützen. In Krisensituationen kann der Pate das Kind auch bei sich zu Hause aufnehmen. Bei der Auswahl und Schulung der Paten orientiert sich Amsoc am Pflegekinderwesen. Wichtigste Voraussetzung für die Vermittlung sei jedoch die Krankheitseinsicht und die Befürwortung der Patenschaft durch die Eltern (www.amsoc-patenschaften.de).
In Leipzig ist es dem Angehörigenverein Wege e.V. mit der Familienberatungsstelle „Auryn“ gelungen, ein verlässliches Angebot – regelfinanziert – zu etablieren. Zu Auryn kommen die Eltern in der Regel selbst; die Mitarbeiterinnen suchen jedoch auch psychiatrische Kliniken auf, um ihre Hilfe anzubieten. Sie erarbeiten mit den Eltern Pläne für die Versorgung der Kinder in einer Krisensituation, begleiten sie zu Behörden und helfen ihnen, soziale Netze aufzubauen, die den meisten fehlen. Daneben bietet der Verein für die Kinder Lernhilfen, Kompetenztrainings und Freizeitaktivitäten an (www.wege-ev.de). Auryn berät im Schnitt rund 250 Familien pro Jahr – mit steigender Tendenz.
Petra Bühring