ArchivDeutsches Ärzteblatt PP4/2010Aussenseiterkunst: Helmut Feder – Bilder aus einem Traum

KUNST UND SEELE

Aussenseiterkunst: Helmut Feder – Bilder aus einem Traum

Lübking, Margit

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Paare sind immer wieder Thema in Feders Bildern. Dabei entstehen oft vage und kaum greifbare Kompositionen, die an Traumbilder erinnern. Foto: Eberhard Hahne
Paare sind immer wieder Thema in Feders Bildern. Dabei entstehen oft vage und kaum greifbare Kompositionen, die an Traumbilder erinnern. Foto: Eberhard Hahne
Flüchtig wirkt das Bild, das uns hier vorgestellt wird. Wir erkennen nicht sofort, was Helmut Feder dargestellt hat. Erst bei genauerem Hinsehen wird deutlich, dass zwei Personen in unterschiedlicher Haltung abgebildet sind. Es scheint, als läge eine Person zugedeckt auf einem Bett, während sich eine andere ihr aus einer sitzenden Position heraus zuwendet. Die Körper der beiden Personen – oder das, was von ihnen sichtbar ist – sind in einer dunklen Farbe kräftiger gezeichnet. Die Konturen der beiden Köpfe und das Gesicht der vermeintlich liegenden Figur scheinen durch eine Übermalung unschärfer gemacht worden zu sein, so dass das ohnehin nur angedeutete Gesicht der liegenden Person kaum noch sichtbar ist. Ob es für diese beiden nicht gut sein sollte, sich einander zuzuwenden? Ob ihre Verbindung vielleicht verboten ist? Feder hat seine Arbeiten nicht kommentiert, deshalb wissen wir es nicht.

Die Szene ist in ein durchscheinendes und geradezu romantisches rosa Licht getaucht. Sie wirkt deshalb zunächst freundlich. Erst auf den zweiten Blick erkennt man, dass sie durch Bleistiftlinien scheinbar planlos durchzogen ist, als habe der Künstler das Bild oder seinen Inhalt nachträglich unsichtbar machen wollen. Einen äußeren Rahmen oder eine Begrenzung hat dieses Bild nicht. Das ist auch bei vielen anderen Bildern von Feder der Fall. Seine Kompositionen sind oftmals frei und losgelöst, wirken vage und wenig greifbar wie Bilder aus einem Traum. Thematisch spielt die unterschiedliche Darstellung von Paaren eine Rolle. Er stellt sie oft in großer Nähe zueinander dar. Diese Nähe gipfelt in Doppelbildnissen, die untrennbar miteinander verbunden sind. Wir können nur vermuten, dass hier lebensgeschichtliche Erfahrungen, die für den Künstler besonders schmerzlich waren, ihren Ausdruck fanden.

Trotz allem begegnete Feder der Welt und seinen Mitmenschen freundlich. Deshalb gibt es auch andere Bilder von ihm. Solche mit festeren Konturen und kräftigeren Farben. Sie zeigen Häuser und Bäume, Blumen und Tiere und lassen etwas von der stillen Lebensfreude erkennen, durch die sein Leben geprägt war. Obwohl er sich im Verlauf der Zeit immer mehr als Künstler verstand, blieb er doch, was er war: ein bescheidener Mensch, der neben seiner künstlerischen Tätigkeit unauffällig seinen Aufgaben nachging. Margit Lübking

Biografie Helmut Feder
Helmut Feder wurde 1921 in Ahlen (Westfalen) geboren. Von Beruf war er Schumacher. Seit 1949 lebte er in verschiedenen Wohngruppen im Wohnbereich des Alexianer-Krankenhauses. Er war ein stiller, freundlicher Mensch, der den Kontakt zu anderen nicht unbedingt suchte und oftmals leise pfeifend allein seiner Wege ging. Er gehörte zu den ersten Bewohnern, die einen festen Platz im Kunstatelier hatten. Seine Arbeiten wurden auf verschiedenen Einzel- und Gruppenausstellungen gezeigt. Helmut Feder verstarb 2004. Fast möchte man sagen, so, wie er gelebt hat: ruhig, am Ende eines warmen Frühlingstages, während er auf einer Bank an einem Torbogen saß, durch den er so oft gegangen war.

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