

Fotos: Otto Bock Science Center
Wenn Patienten in Zukunft eine Wahl haben, kann es für Medizinproduktehersteller von Vorteil sein, sich bereits als Marke etabliert zu haben. Vor diesem Hintergrund ist die Idee des Otto-Bock-Inhabers Hans Georg Näder, in Berlin eine Dauerausstellung zum Thema Bewegung und Behinderung zu eröffnen, nicht annähernd so verrückt, wie seine Manager anfangs dachten. „Der Chef spinnt“, hieß es, als Näder seine Idee eines Science-Centers erstmals aussprach. 20 Millionen Euro investierte er am Potsdamer Platz, die eine Hälfte für Grundstück und Haus, die andere für die Ausstattung.
Der weiße Würfel in der Nähe des Potsdamer Platzes ist ein Blickfang. Helle Lichtpunkte tanzen über die Fassade, die wie ein faseriger Muskel aus mehreren übereinandergeschichteten Ebenen zu bestehen scheint. Bei genauerem Hinsehen offenbart sich, dass die Punkte dem Gang eines Menschen entsprechen. „Walker“ nennt sich diese Simulation, die auch im Inneren des Hauses zu sehen ist. An einem Bildschirm kann man einstellen, ob der Gang männlich oder weiblich, fröhlich oder traurig sein soll. „Der Walker ist unser neues Leitbild, mit dem wir eine weltweite neue Bewegung begründen“, freut sich Näder – innerhalb einer Woche wurde er bereits 7 000-mal heruntergeladen, täglich kommen 600 Downloads hinzu. Im Foyer hängt außerdem eine Installation aus neun Bildschirmen, die hin- und herpendeln und dabei Hände zeigen, die ineinandergreifen.
Das Science-Center ist zum einen eine Unternehmensrepräsentanz, wie es sie in Berlin viele gibt. Treffen von Experten aus Orthopädietechnik, Medizin und Rehabilitationstechnik sollen dort ebenso stattfinden wie Seminare der Otto Bock Academy. Darüber hinaus steht es der Öffentlichkeit offen:
Das Science-Center
ist mehr als eine Unternehmensrepräsentanz:
Auf drei Ebenen
können Besucher
sich mit dem Thema
„Begreifen, was uns
bewegt“ auseinandersetzen.
Sehenswert ist beispielsweise der „Blick unter die Haut“, ein abgedunkelter Raum, in dem an verschiedenen Bildschirmen Bewegungsmuster erklärt werden oder die Besucher über eine virtuelle, 250 Meter tiefe Schlucht balancieren. Ein weiterer Themenschwerpunkt ist die Bedeutung von medizintechnischen Innovationen für Menschen mit Handicap. Am spannendsten sind jedoch die Ausblicke in die Zukunft der Technik: So wird derzeit verstärkt an Neuroimplantaten gearbeitet. Der Träger muss sich eine Bewegung vorstellen, die die Prothese dann ausführt. Was wie Science-Fiction klingt, soll in zwei Jahren Realität sein. „Ein Leben mit Behinderung muss kein behindertes Leben sein“, sagt Designer Sebastian Peichl, dessen Agentur die Ausstellung konzipiert hat. Weitere Informationen unter: www.sciencecenter-medizintechnik.de
Jana Ehrhardt
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