ArchivDeutsches Ärzteblatt17/2010Gesundheitskarte: Ein Schlichter soll’s richten

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Gesundheitskarte: Ein Schlichter soll’s richten

Krüger-Brand, Heike E.

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Heike E. Krüger-Brand Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik
Heike E. Krüger-Brand
Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik
Mit den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung der Gematik am 19. April 2010 könnte endlich die Trendwende im Projekt zur Einführung der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) eingeleitet worden sein. Skeptische Stimmen sagen allerdings auch: Das ist die letzte Chance für das Telematikprojekt.

Bei der Sitzung einigten sich die Spitzenverbände der Selbstverwaltung auf ein neues Organisationsmodell, das die Zusammenarbeit für die nächsten Jahre festlegt und die bisherige Blockadepolitik der Beteiligten beenden soll. Zum Zuge kommt dabei im Wesentlichen das von den Leistungserbringern vorgeschlagene „Kümmerer-Modell“, wonach die Gesellschafter für ihre jeweiligen Kompetenzfelder zuständig sind. Bezogen auf die bereits im November letzten Jahres vereinbarten drei Anwendungen der Gesundheitskarte heißt das: Der GKV-Spitzenverband verantwortet die Entwicklung der Online-Aktualisierung der Versichertenstammdaten, die Bundesärztekammer (BÄK) kümmert sich um die Einführung eines elektronischen Notfalldatensatzes auf der eGK und die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) um den elektronischen Arztbrief. Für die übergreifende Aufgabe der Telematikinfrastruktur werden je ein Projektleiter aus dem GKV-Spitzenverband und der KBV gemeinsam zuständig sein.

Der Charme dieses Modells: Die Leistungserbringer sind ab sofort allein für die medizinischen Anwendungen und die Kostenträger für die administrativen Anwendungen verantwortlich, sie können jeweils ohne langwierige Abstimmungsprozesse entscheiden. Und: Alle Beteiligten haben direkt beim Start einen Nutzen von ihrem Engagement. Durch die stärkere Einbindung der Gesellschafter in die Projektleitung wird die Betriebsgesellschaft Gematik nur mehr zum ausführenden Organ, das die Industrieausschreibungen für die erforderlichen Testmaßnahmen managen wird.

Da sich an den Mehrheitsverhältnissen der Gesellschafterversammlung nichts verändert hat, soll künftig ein Schlichter in Konfliktfällen einen Ausgleich der Interessen herbeiführen. Diese wichtige Funktion wird der frühere Staatssekretär im Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Dr. Klaus Theo Schröder, übernehmen, der viele Jahre für das eGK-Projekt zuständig war und als ausgewiesener Fachmann gilt.

Nicht einigen konnten sich Ärzte und Krankenkassen in der Frage der verpflichtenden oder freiwilligen Online-Anbindung der Arztpraxen an die Telematikinfrastruktur. Die BÄK hatte bereits einen Lösungsvorschlag entwickelt, der den Versichertenstammdatenabgleich ermöglicht, ohne dass der Arzt mit seiner Praxissoftware dazu online gehen muss (siehe DÄ, Heft 11/2010). Jetzt wird erwartet, dass das BMG mit dem anstehenden GKV-Änderungsgesetz hierzu eine Regelung trifft. Diese könnte so aussehen, dass die Krankenkassen berechtigt werden, von Leistungserbringern das Honorar zurückzufordern, falls diese keine Prüfung des Versichertenstatus durchgeführt haben. Bevor dieser Punkt nicht geklärt ist, dürfte auch der Basisrollout der Gesundheitskarte nicht weitergehen.

Unterm Strich haben die Ärzte für den Projektneustart viel erreicht: etwa die Konzentration auf Anwendungen mit einem Nutzen für Ärzte und Patienten, die stärkere Einbindung der Leistungserbringer in die Projektentwicklung und die Aussonderung unpraktikabler Anwendungen (elektronisches Rezept). Mit der Neuausrichtung werden sie künftig allerdings auch viel stärker für den Projekterfolg in die Pflicht genommen.

Heike E. Krüger-Brand
Redakteurin für Gesundheits- und Sozialpolitik

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