MEDIZINREPORT
Pollenflug: Nicht nur eine Frage der Jahreszeit


Für etwa 18 Millionen Menschen in Deutschland hat der Frühling eine Kehrseite: Sie leiden an einer Pollenallergie. Hilfreich können für sie Pollenflugprognosen sein, durch die sie sich auf die Situation einstellen und entsprechende Maßnahmen ergreifen können. Doch viele Pollenflugkalender geben zwar die Blühphasen der verschiedenen Bäume, Sträucher und Gräser an, sagen jedoch nichts über den aktuellen Pollenflug aus.
Relevante Pollen
in Deutschland:
Blütenstände und
Pollen der sechs
wichtigsten allergieauslösenden
Pflanzen und der
„neuen“ Ambrosia. Quelle: Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin
Um die Allergiker aktuell und konkret über die Pollenbelastung der Luft zu informieren, stellt beispielsweise der Polleninformationsdienst der FU Berlin jeden Tag Daten für Berlin und das Umland bereit. Dazu betreibt das Meteorologische Institut zwei Pollenfallen in Berlin, mit deren Hilfe Art und Menge der sich in der Luft befindlichen Pollen bestimmt werden.
Abgleich mit der Wetterlage
„Mit einer Pumpe wird in der Pollenfalle eine definierte Menge Luft – entsprechend dem Atemvolumen eines Menschen – angesaugt und über eine Haftfolie geleitet. Ein bestimmter Abschnitt entspricht jeweils einem Zeitraum“, erläutert Dümmel. „Die Proben werden dann präpariert und unter dem Mikroskop ausgewertet, wobei die Pollenarten gezählt werden.“ Schließlich gleicht der private Wetterdienst Meteogroup Deutschland diese Werte mit der Wettervorhersage ab und veröffentlicht eine Pollenflugprognose, die über das Telefon (09001 270-643, 0,62 Euro pro Minute), iPhone App, Internet (www. met.fu-berlin.de) und den Teletext im Fernsehen (ARD und ZDF) abgerufen werden kann.
„Der Beginn der Blüte kann abhängig von der aktuellen Wetterlage bis zu sechs Wochen schwanken“, bestätigt Antje Piehl von Meteogroup dem Deutschen Ärzteblatt. Aber nicht nur die Temperatur sei für die wechselnde Pollenbelastung der Luft verantwortlich, sondern auch die Stärke und Dauer des Niederschlags sowie die Windrichtung und -stärke. „Mit unserer Erfahrung erstellen wir aus allen Faktoren eine Pollenflugprognose für die jeweilige Region“, sagt Piehl.
Auch der Klimawandel könne Auswirkungen auf das Blühverhalten von allergisch relevanten Pflanzen haben, ergänzt Dümmel. Das Meteorologische Institut der FU Berlin untersuchte 24 Jahre lang den Berliner Birkenpollenflug und stellte dabei fest, dass sich die Blütezeit der Birke, die aktuell den Allergikern zu schaffen macht, durchschnittlich um acht Tage verlängert hat. Gleichzeitig stieg die Durchschnittstemperatur im Monat März in Berlin um 0,7 Grad Celsius. Seit fünf Jahren sei diese Tendenz jedoch wieder unterbrochen. Allerdings habe seit einigen Jahren die aus den USA eingeschleppte Pflanze Ambrosia, deren Pollen von Juli bis Oktober flögen, auch in Berlin Fuß fassen können, berichtet der Meteorologe. Zuvor konnte sich die Ambrosia nicht in Deutschland etablieren. „Das verstärkte Auftreten von Ambrosia in Deutschland könnte für die Allergiker künftig die Pollensaison um über einen Monat bis in den Oktober hinein verlängern“, erklärt Dümmel. „Seit dem letzten Jahr haben wir deshalb die Ambrosia in unsere Pollenzählung aufgenommen und bringen die entsprechenden Informationen an die Öffentlichkeit.“
Dr. med. Eva Richter-Kuhlmann
Nicht nur eine Frage der Jahreszeit
Relevante Pollen
in Deutschland:
Blütenstände und
Pollen der sechs
wichtigsten allergieauslösenden
Pflanzen und der
„neuen“ Ambrosia. Quelle: Institut für Meteorologie der Freien Universität Berlin