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Senior-Experten-Service: Wenn Erfahrung Zukunft sichert
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Die Aus- und
Weiterbildung der
jungen Ärzte vor Ort
ist eine vorrangige
Aufgabe der „Senior-
Experten“.
Prof. Dr. med. Albert
Helber war 2009 für
den SES in Ruanda
im Einsatz.
Wiederkehrende Krankheitseinbrüche haben fatale Auswirkungen auf arme Familien in Afrika. Sie verschlingen ohnehin knappe finanzielle Ressourcen, verhindern langfristig notwendige Ausgaben (etwa für die Ausbildung der Kinder) und schwächen so die junge Generation. Der schleppende Ausbau der öffentlichen Gesundheitsversorgung in vielen nichtindustrialisierten Ländern ändert daran wenig. Er steht zudem gerade in Afrika südlich der Sahara vor immensen Hindernissen und stagniert auf weiter Fläche. Hinzu kommen der „Braindrain“ und ein eklatantes Stadt-Land-Gefälle. Ärzte und andere medizinische Fachkräfte ballen sich in den urbanen Zentren Afrikas. Die ländlichen Regionen aber, wo 80 Prozent der Bevölkerung zumeist in Armut leben, sind dramatisch unterversorgt. Abgesehen davon herrscht Ärztemangel.
Zu verzeichnen sind somit gravierende Ungleichgewichte, die Afrika aus eigener Kraft derzeit nicht ausbalancieren kann. Hier setzt der Senior-Experten-Service (SES) an: eine gemeinnützige Organisation mit Sitz in Bonn. Die Stiftung der Deutschen Wirtschaft für internationale Zusammenarbeit gibt seit 1983 mit Fachleuten im Ruhestand Hilfe zur Selbsthilfe, vornehmlich in kleinen und mittleren Unternehmen in Entwicklungs- und Schwellenländern, aber auch im Gesundheitsbereich.
Das Wissen weitergeben
– Dr.
med. Raimund Teigeler
operierte
2004 ehrenamtlich
in Malawi. Fotos: SES
Einer der Autoren dieses Beitrags war seit 2004 viermal über den SES im Norden von Uganda tätig. Er half dort beim Aufbau der Medizinischen Fakultät an der erst 2002 gegründeten Universität von Gulu. Anfang 2004, zum Zeitpunkt des ersten Einsatzes, nahm die Universität soeben ihre ersten Medizinstudierenden auf. Beim letzten Einsatz Ende 2009 waren diese Studenten bereits junge Ärzte.
Die Universität von Gulu ist die dritte Medizinische Hochschule in Uganda und unterhält heute einen regulären Lehrbetrieb. Von großer Bedeutung für die Medizinische Fakultät ist eine Stiftungsprofessur für Psychotraumatologie, die mit Hilfe des Auswärtigen Amtes in Berlin gebahnt werden konnte und sich jetzt selbstständig weiterentwickelt. Dieses Fachgebiet hat einen enormen Wert für die Region. Denn Norduganda hatte einen langandauernden Bürgerkrieg hinter sich. Traurige Zeugen und Opfer dieses Krieges sind Kinder, die als Soldaten missbraucht wurden, und Frauen und Mädchen, die durch massive Übergriffe traumatisiert wurden. Die gesellschaftliche Reintegration dieser Kriegsopfer und die Aussöhnung der Menschen nach Jahren der Kämpfe gehören zu den Schwerpunkten der psychotraumatologischen Arbeit in Gulu und Umgebung. Einbezogen werden dabei auch traditionelle afrikanische Versöhnungsrituale.
Das Gulu-Projekt, das vom SES und dem SES-Förderverein unterstützt wurde, ist ein gutes Beispiel dafür, welche Früchte das zeitlich begrenzte, aber wiederholte Engagement eines SES-Experten zeitigen kann. In Gulu hat die Tatsache der Ehrenamtlichkeit den Respekt und die Wertschätzung für den Senior-Experten sehr befördert.
Der Expertenpool des SES ist eine wichtige, entwicklungspolitische Größe. In Festreden werden Senior-Experten gerne als „Botschafter der deutschen Wirtschaft“ oder „Diplomaten des Friedens“ bezeichnet, und das ist – nach Abzug eines gewissen Pathosanteils – durchaus richtig. Der SES sucht ständig Ärzte, die ihr Wissen zur Verfügung stellen möchten. Zukunft braucht Erfahrung – diese Überzeugung leitet den SES seit fast 30 Jahren.
Prof. Dr. med. Ekkehard Doehring
Dr. Heike Nasdala
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