DEUTSCHER ÄRZTETAG
Finanzen: Überzeugende Zahlen und eine „glückliche Fügung“


Der Sitzungsleiter Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hoppe traute seinen Augen kaum – doch es stimmte, es gab keine Wortmeldungen. Einstimmig und widerspruchslos billigte der 113. Deutsche Ärztetag in Dresden zunächst den Jahresabschluss für das Geschäftsjahr 2008/2009, entlastete den Vorstand der Bundesärztekammer (BÄK) für das Geschäftsjahr 2008/2009 und genehmigte schließlich den Haushaltsvoranschlag für das Geschäftsjahr 2010/2011. „Die vorgelegten Zahlen sind in der Tat sehr überzeugend. Da kann ich Ihre Zurückhaltung sehr gut nachvollziehen“, kommentierte der BÄK-Präsident.
„Ohne die Sonderbewegung für den
Immobilienkauf stiege das Haushaltsvolumen
nur um 2,44 Prozent.“ Christoph Fuchs
Die Ausgaben lagen um 613 000 Euro unter Plan. Dabei sind vor allem die Unterschreitungen bei den Personalaufwendungen auffallend. Der Vorsitzende der Finanzkommission, Dr. med. Franz Bernhard M. Ensink, Niedersachsen, verwies dennoch darauf, „dass alleine die Personalaufwendungen der BÄK mehr als die Hälfte der Aufwendungen ausmachen, während die allgemeinen Verwaltungskosten nur 14 Prozent betragen“.
Auf der Ertragsseite fällt vor allem die Spalte „Erträge aus Beteiligungen“ ins Auge, die mit 3,1 Millionen Euro um 1,62 Millionen Euro höher ausfielen als veranschlagt. „Diese Erträge ergeben sich nahezu ausschließlich aus dem Gewinn des Deutschen Ärzte-Verlages“, erläuterte BÄK-Hauptgeschäftsführer Prof. Dr. med. Christoph Fuchs. Ensink wies – wie in den Vorjahren – ausdrücklich darauf hin, dass diese Einnahmen „keine auf Dauer sichere Bank sind“. So erfreulich die seit Jahren steigenden Ausschüttungen des Ärzte-Verlages an die BÄK auch seien: „Sie können und werden nicht langfristig auf diesem hohen Niveau bleiben“, mahnte der Vorsitzende der Finanzkommission. Eine etwaige rückläufige Gewinnentwicklung beim Ärzte-Verlag müsse bei Beibehaltung des derzeitigen Ausgabenniveaus zwangsläufig zu einer deutlichen Umlagensteigerung führen.
Unter dem Dach des Deutschen Ärzte-Verlages erscheint auch das Deutsche Ärzteblatt. Dieses ist mit seinem ärztlichen Stellenmarkt ausschlaggebend für die guten Jahresabschlüsse des Verlages.
Im Berichtsjahr hat der Verlag die BÄK zu 19 Prozent finanziert. Die von den Landesärztekammern an die Arbeitsgemeinschaft in Berlin überwiesenen Beiträge deckten 75 Prozent der Ausgaben. Weitere Einnahmequellen der BÄK sind Zinserträge und Erträge aus der Auflösung von Rücklagen. Insgesamt hat die BÄK das abgeschlossene Geschäftsjahr mit nicht verbrauchten Mitteln in Höhe von 2,2 Millionen Euro abgeschlossen. Diese werden einer zweckgebundenen Rücklage zugeführt, die für den Kauf einer unmittelbar an das Kammergebäude in Berlin angrenzende Immobilie verwendet werden soll. Abhängig von der Fertigstellung eines Neubaus der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV), die den sogenannten Gebäudeteil C-Süd derzeit noch nutzt, könnte die BÄK die Immobilie zum zweiten Quartal 2011 von der KBV erwerben, erläuterte Fuchs. Der größere Teil des Gebäudes ist als Raumreserve vorgesehen und soll zunächst vermietet werden, so dass regelmäßige Mieteinnahmen fließen (das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung bleibt Mieter des Objekts). Den anderen Gebäudeteil wird die BÄK unmittelbar selbst nutzen. Die Finanzkommission habe zusammen mit dem BÄK-Vorstand und der Arbeitsgruppe „Mittelfristige Finanzplanung“ ein Konzept für den Immobilienkauf erarbeitet, das ohne jegliche Fremdfinanzierung oder Sonderumlage auskomme, berichtete Ensink. „Hierzu werden vorhandene Rücklagen umgewidmet, die Betriebsmittelrücklage vorübergehend auf Mindesthöhe gesenkt sowie nicht verbrauchte Mittel verwendet.“
„Außerordentliche
Erträge sollten
in ein außerordentliches
Vorhaben
fließen.“
Franz Bernhard M. Ensink
Die Umlage steigt um 3,63 Prozent
Aus dem vom 113. Deutschen Ärztetag einstimmig angenommenen Haushaltsvoranschlag ergibt sich, dass die Umlage der Landesärztekammern an die Arbeitsgemeinschaft in Berlin um 445 000 Euro steigt. Dies entspricht einer Steigerung um 3,63 Prozent. „Trotz dieser Steigerungsrate, die aufseiten der Landesärztekammern keine Begeisterung hervorrufen wird, fällt der Relativanteil am Gesamthaushalt, der über die Umlage der Landesärztekammern gedeckt wird“, betonte Ensink. Im Gegenzug steige der Anteil, den die Gewinnausschüttung des Ärzte-Verlages ausmache, weiter. Der Vorsitzende der Finanzkommission nannte es in diesem Zusammenhang eine „glückliche Fügung“, dass der Verlag just in den Jahren, in denen die BÄK den Erwerb einer weiteren Immobilie ins Auge fasse, so hohe Gewinne erziele: „Es erscheint eigentlich nur naheliegend, dass diese quasi außerordentlichen Erträge auch in ein außerordentliches Vorhaben fließen.“
Nicht mitmachen wollte die BÄK die vom Bundesverband der Freien Berufe (BFB) geforderten außerordentlichen Beitragssteigerungen. Wie die anderen ärztlichen Mitgliedsorganisationen (KBV, Hartmannbund und Privatärztliche Verrechnungsstellen) hat der BÄK-Vorstand daher vorsorglich seinen Austritt aus dem Verband fristgerecht zum Ende dieses Jahres erklärt. „Diese Austrittserklärungen sollen dem BFB Gelegenheit geben, die Monita aufzugreifen und Lösungen hinsichtlich Satzung, Aufgaben und Beitragsgerechtigkeit anzubieten“, erläuterte Fuchs.
Nachdem die 250 Delegierten den Haushaltsvoranschlag für das nächste Geschäftsjahr anstandslos bewilligt hatten, kam ungewöhnlichweise noch ein weiterer Antrag zur Abstimmung. Darin wird der BÄK-Vorstand aufgefordert, „die Möglichkeit und Sinnhaftigkeit der Einrichtung einer eigenen Rechtsabteilung zu prüfen und dem nächsten Deutschen Ärztetag darüber zu berichten“. Unabhängig von den finanziellen Überlegungen gebe es gewichtige berufspolitische Gründe für die Errichtung einer eigenen Rechtsabteilung für die BÄK, argumentierte Dr. med. Jürgen Tempel, Niedersachsen, der den Antrag gemeinsam mit acht weiteren Delegierten gestellt hatte: „Ärztekammern und Kassenärztliche Vereinigungen haben sich in den vergangenen Jahrzehnten in ihren Aufgabenfeldern zu ganz unterschiedlichen Körperschaften des öffentlichen Rechts entwickelt.“ Dies erfordere zunehmend spezifische juristische Kompetenzen. Der Ärztetag folgte Tempels Argumentation und erteilte dem Vorstand mit großer Mehrheit den Prüfauftrag.
Jens Flintrop
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