ArchivDeutsches Ärzteblatt22/2010Kopfpauschale: Rösler in der Klemme

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Kopfpauschale: Rösler in der Klemme

Maus, Josef

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Josef Maus. Leiter der gesundheits- und sozialpolitischen Redaktion
Josef Maus. Leiter der gesundheits- und sozialpolitischen Redaktion
Die Zeiten werden nicht einfacher für Philipp Rösler. Weil die aktuelle Haushaltslage immer weniger Spielraum für einen steuerfinanzierten Sozialausgleich in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zulässt, muss der Bundesgesundheitsminister seine Pläne zur Einführung einer Kopfpauschale überarbeiten. Das drohende Defizit der GKV im kommenden Jahr von rund zehn Milliarden Euro erhöht den Druck zusätzlich. Rösler steckt in der Klemme: Einerseits will er das gesundheitspolitische Gedankengut der Liberalen nach wie vor in reale Politik umsetzen, andererseits lassen ihn die Kritiker der Gesundheitsprämie unverblümt wissen, dass sie das Modell der Kopfpauschale für tot halten. Das gilt nicht nur für die Opposition, sondern auch für weite Teile der Regierungskoalition.

Wie dieser Tage in Berlin bekanntwurde, plant der Minister jetzt mit einer eher kleinen „lohnunabhängigen Prämie“ von bis zu 30 Euro je Versicherten. Aber selbst die wirft erhebliche Probleme auf. Rösler hat sich offenbar von dem steuerfinanzierten Sozialausgleich für Geringverdiener völlig verabschiedet und strebt stattdessen einen Ausgleich innerhalb der GKV an. So könnte die Beitragsbemessungsgrenze um einige Hundert Euro angehoben werden, was nur für die Besserverdienenden Folgen für die Beitragshöhe hätte. Diese Mehreinnahmen stünden dann für den -Sozialausgleich zur Verfügung. Rechnerisch mag das zwar hinkommen, aber Philipp Rösler würde mit diesem Modell seine Grundsätze verlassen. Das Argument, mit einem steuerfinanzierten Sozialausgleich würden gerade die wirklich gut verdienenden Bürger am Sozialausgleich beteiligt, fiele in sich zusammen, weil die in der Regel bereits privat versichert sind. Für die mittleren Einkommen hingegen könnte eine Erhöhung der Bemessungsgrundlage der letzte Anstoß zu einem Wechsel in die private Krankenversicherung sein.

Die Gemengelage ist kompliziert. Wie Rösler unter diesen Voraussetzungen den schärfsten Kritiker der Kopfpauschale, Bayerns Ministerpräsidenten und CSU-Vorsitzenden Horst Seehofer, überzeugen will, ist eine spannende Frage. Er versucht es aber unbeirrt und machte sich Anfang der Woche auf die Reise nach München. Was das Gespräch mit Seehofer ergeben hat, war zu Redaktionsschluss dieser Ausgabe noch nicht bekannt. Bliebe der Bayer ablehnend, würde dies kaum überraschen. Dass Seehofer nichts von einer Kopfpauschale hält, ist sattsam bekannt. Spätestens am 5. und 6. Juni müssen die Karten jedoch auf den Tisch. Dann geht die Bundesregierung in Klausur, um Grundsatzentscheidungen zu treffen. Mit der Prämie – egal in welcher Form – will sich die Union dabei allem Anschein nach nicht so lange aufhalten. Aus der CSU heißt es, es sei besser, alle Sparmöglichkeiten auszuloten, bevor man sich mit Beitragserhöhungen befasse.

Und das wiederum ruft die Krankenkassen auf den Plan. Doris Pfeiffer, die Vorstandsvorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, hat bereits Sparmodelle formuliert, ebenso altbekannt wie holzschnittartig: Eine Nullrunde im ambulanten Bereich soll es richten.

Josef Maus
Leiter der gesundheits- und sozialpolitischen Redaktion

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